Heft 
(1971) 12
Seite
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Oestereicher und Preußen übertrafen. In dem Kriege auf dem festen Lande war der Wille des gemeinen Mannes, dieser starke Wille zu siegen, das was die Franzosen hatten und ihren Gegnern fehlte; er ward die Ursache, die wahre und beinahe einzige aller ihrer Triumphe. Bessere Generale hatten der Wohlfahrts-Ausschuß, die Direktoren und die Kon­suln nur, weil sie dieselben suchten; die Koalisierten hingegen suchten dieselben auf den Ranglisten und auf den Stammbäumen der Geschlech­ter, wo sie für diesesmal wenig oder nichts fanden. Doch bleibt die zuletzt angeführte bloß eine Nebenursache,; denn weder Bonaparte, noch Moreau .noch Massene usw. hätten mit unwilligen, trägen Oesterreichern oder Preußen Das ausgerichtet, was sie mit exaltierten Franzosen auszu­richten imstande waren. Der Deutsche kann nicht wohl anders, als in geschlossener Ordnung, in Bataillonen, Schwadronen, fechten; darum und deswegen sollte er sich Pike und Schwert wieder anschaffen, dabei aber dennoch, zum Notbehelfe seine Scharfschützen (sogenannte) behalten. Die Flinte und lordre eparpille*) sind die eigentümliche Waffe und Taktik des Galliers; aber jetzt findet er zwischen den waldigen Mooren von San Domingo schwarze Sklaven, die ihn hierin übertreffen, und mehr als er exaltiert, wütend sind.

Viele solcher ,kantischen Gedanken finden sich in den Arbeiten Bülows wieder; oft ist man im Zweifel, von wem diese Ansichten (die meist auf Mirabeaus Gedanken über das Verhältnis der preußischen Staates zu seiner Armee und solchen scharfen Verurteilungen wie .Fäulnis vor der Reife zurückgehen) herstammen, vom Schüler Bülow oder von dessen Meister Berenhorst.

Franz Mehring, der sich als erster Sozialist mit den Vorläufern der spä­teren Heeresreformer befaßte, schreibt über den Typ dieser ehemaligen friderizianischen Offiziere: ,So waren in den späteren Zeiten Friedrichs II. die genialsten Offiziere des preußischen Stabes, der Kapitän von Steuben und der Major von Berenhorst. Beide waren in Ungnaden entlassen; denn wie alle großen Männer konnte Friedrich fähige Leute in seiner Umgebung nicht ertragen. Steuben ging nach Amerika, wo er sich be­kanntlich große Verdienste um die militärische Organisation der Rebellen erwarb. Hier sagte er schon 1793 einem deutschen Besucher, dem Militär­schriftsteller Dietrich von Bülow: ,Die französischen Freiwilligen, über deren Untüchtigkeit ihre eigenen Generale... nicht genug klagen konnten, führten denselben Krieg, den die amerikanischen Farmer geführt hätten und sie würden ebenso unüberwindlich sein ... Berenhorst trat nicht wieder in militärische Dienste, aber er schrieb seine berühmten Betrach­tungen über die Kriegskunst, worin er das preußische Heer einer scharfen Kritik unterwarf, die .Grobheit, Härte und Dienstsklaverei der Disziplin, die .Mikrologie und den Minurismus der Paradekünste usw. mit einer vielfach noch heute zutreffenden Bitterkeit geißelte. (Franz Mehring: ,Die Vernunft der Unvernunft in: .Krieg und Politik, Berlin 1959.)

*) ausgeschwärmt

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