Heft 
(1971) 12
Seite
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tons maßgebend war, was sicherlich gerade Fontane zu schätzen wußte. Vor allem scheint das Menschliche bei dem alten Merington sehr stark ausgeprägt gewesen zu sein. Man gewinnt den Eindruck, daß Fontane ihm von seinen Sorgen und Schwierigkeiten bezüglich seines Berufes erzählt hat, wenn wir im Brief Mr. Meringtons vom 5. Februar 1859 an Fontane lesen [Merington hatte sich gerade von Emilie an Bord des Schiffes verabschiedet und teilt dies, sowie den Zustand des Wetters für die Überfahrt Fontane mit]: ,Oben ein glorreicher Himmel... Eigentlich ein Zustand der Dinge, der vollkommen aus unseren ,glorreichen Ver­fassungen [kommt]. Ein Zustand der Dinge, völlig unbekannt in den gequälten Bereichen der ,Neu Preußischen Zeitung. (Ich hoffe, das Ding ist richtig geschrieben.) Merington scheint gerne Humor mit Ernst zu mischen, wenn er weiter im selben Brief schreibt: ,Überdies werden Sie dies und noch viel mehr klarer von unserem freien ,vierten Stand (die Presse) sehen, der jetzt Wolkenballen des wahren Wesens von der Kol­lektiven Weisheit ausstößt.' 53

Es ist ein Humor, der auf eine heitere, jedoch tiefgreifende, vielleicht Dubslav von Stechlin ähnliche Menschlichkeit zu deuten scheint. Als Emilie zum zweiten Besuch im Londoner Bahnhof Charing Cross an­kommt, bittet sie eine junge Französin um Hilfe. Emilie war sehr ermüdet von der langen Reise und sehnte sich nach ihrem Mann. Aber gerade in diesem Moment kam der Zug an ,und die hohe Gestalt Mr. Meringtons vor mir, gleich darauf seine herzliche Begrüßung, machten dies bange Gefühl schwinden' 5 '''. Er besorgte das Gepäck, auch das der jungen Dame... Als wir sie in ein cab setzten, mußte sie uns (sie ver­stand kein Wort englisch) ihre Adresse zeigen; sie lautete: Cremorn gar- dens etc. Mr. Merington sagte lachend: ,So, Mrs. Fontane, you brought us an opera girl!' 55 .

Noch später, in einem Brief an Fontane, bedankt sich Merington bei diesem für die Übersendung seines neuesten Buches, das er [Merington] humoristisch als Fontanes ,offspring bezeichnete. Fontane verstand das Wort buchstäblich es bedeutet Baby oder Kind und dachte, Mering­ton bedanke sich für die kleine Meta Fontane, die Emilie zu den Mering­tons mitgenommen hatte ,|fi .

Die Freundschaft, welche die Meringtons Fontane anboten, war aber nicht nur ein Ausdruck ihrer Freundlichkeit und Gastfreundschaft einem Ausländer gegenüber, sondern auch eine Erkenntnis vom Wert und der Bedeutung des Mannes und Dichters Theodor Fontane selbst. Emilie schreibt später in einem Brief vom 4. Mai 1870, sie glaube, ,M[eringtons] haben zu ihren Freunden von Dir als ,very renowned in your Country gesprochen 57 . Aber diese Verehrung für ihren jungen deutschen Freund ging tiefer; die Meringtons interessierten sich, im Gegensatz zu anderen Engländern, die Fontane getroffen hatte, auch für seine Werke und ließen sie sich von Emilie vorlesen und teilweise übersetzen. Besonders scheint sieh die Merington-Tochter, Margreth, für das Kriegsbuch Fontanes inter­essiert zu haben, da Emilie während ihres zweiten Besuches bei den Meringtons an ihren Mann schreibt: ,Gestern habe ich mit ihr begonnen, Dein Kriegsbuch zu lesen, das erste Kapitel, sie liest und versteht sehr

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