Heft 
(1971) 12
Seite
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ob ich imstande sein werde, meinen zweiten Roman unter günstigeren Bedingungen, will sagen nach Abschluß besserer Kontrakte, zu schrei­ben 0 ' äußerte. Er unterscheidet zwischen dem ,äußeren Erfolg und der ,Beifallsfrage 1 und meint, daß, obwohl er dem Publikum mit seinen Werken gefällt, ihm der .äußere 1 also materielle .Erfolg 1 stets ver­sagt bleibt. Zu diesem Punkt resigniert er; es ist einfach sein Schicksal. Und dann zitiert er die Worte der alten Mrs. Merington: ,Sie werden immer zu leben haben, aber immer sehr wenig; Naturen wie die Ihrige bringen es äußerlich zu nichts 1 1. Und Fontane fügt hinzu: ,Es scheint, daß die alte Frau recht behalten soll 137 . Erfreulicherweise hatte Mrs. Merington nur teilweise recht, der äußere Erfolg blieb am Ende seines Lebens nicht vollkommen aus. Aber der Grundgedanke von der Aussage der Engländerin man könnte meinen, der Wahrsagerin stimmte im Grunde genommen doch oder stimmte für die Mehrzahl der Lebensjahre Fontanes.

Hierin, in der Erkenntnis der dichterischen Natur Theodor Fontanes seitens Mrs. Merington, sehen wir einen wichtigen Aspekt der Bedeutung dieser Freundschaft für den Dichter Fontane. Dies zeigt sich im Jahre 1870, als Fontane zu einem entscheidenden Wendepunkt in seinem Leben kam, nämlich als er sich entschied, seine Stelle bei der konservativen .Kreuz-Zeitung 1 zu kündigen: .... man ist eine bloße Sache, man hat den Wert eines Maschinenrades, das man mit öl schmiert, solange das Ding überhaupt noch zu brauchen ist, und als altes Eisen in die Rumpelkam­mer wirft, wenn die Radzähne endlich abgebrochen sind 1 , schrieb Fontane ironisch und bitter in einem Brief vom 4. Dezember 1869 38 an seine Frau über die angebliche Geborgenheit dieser Stellung, die Emilie so sehr schätzte. Seine Unzufriedenheit mit der .Kreuz-Zeitung 1 aber lag noch tiefer; in den erstickenden Arbeitsverhältnissen und der geistigen Atmo­sphäre einer Stellung bei einer konservativen Zeitung konnte er sich seiner Dichtung nicht frei widmen. Er sehnte sich nach geistiger und dichterischer Freiheit, er wollte seinen Weg zum freien Schriftsteller vollziehen. Aber es war der Entschluß eines Mannes im Alter von 51, der für eine Familie mit vier Kindern zu sorgen hat.

Für Fontane war die Zeit, die mit dem Jahr 1870 anfing, ein Jahr der Krise 0 . Sicherlich war dies auch die Meinung Emilies, deren Opposition einmal, da Fontane sich für die Dichtung entschieden hatte, unausweich­lich blieb. Nur diese ihre Opposition bleibt dem sofortigen Vollzug dieser Entscheidung im Wege, doch er konnte ihr nicht nachgeben. Darüber schreibt Henriette von Merckel: Sie sei .ergriffen von der Macht seines Glaubens an sein Genie®. Es gab für den Dichter kein Zurück. Wie konnte er aber die Opposition seiner Frau am leichtesten überwinden? Sicherlich nicht durch Diskussion mit Emilie an Ort und Stelle zu Hause. Viel besser war, daß Emilie die Gelegenheit bekommt, von der Sache Abstand zu gewinnen, und wo hätte dies besser geschehen können als im Ausland und wenn möglich bei Leuten, besser noch bei einer Familie, die vollkommenes Verständnis für sein Handeln haben würde, bei einer Familie, die seine dichterische Natur am allerbesten verstehen würde. Im welchen Land, nach seinem eigenen, fühlte sich Fontane wie zu

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