Heft 
(1971) 12
Seite
268
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Hause, von welchem Volk fühlte er sich am meisten geistig und dichte­risch angeregt als in England; und von welcher Familie wurde er so herzlich aufgenommen, geschätzt und verstanden als bei den Meringtons, bei, wie Fontane später schreibt, .unseren geliebten Meringtons 1 ' 11 . Die Tatsache, daß gerade von Fontane, der dem Sentimentalen überhaupt nicht zugeneigt war, dieser Ausdruck der Zuneigung gebraucht wurde, deutet auf die Bedeutung seiner Freundschaft mit dieser Familie hin.

Fontane schickte Emilie zu den Meringtons am 20. April 1870 62 , schrieb am gleichen Nachmittag seinen Demissions-Brief, berichtet aber seiner Frau erst drei Wochen später am 11. Mai darüber. Wie er meinte, wußte Emilie davon: ,Du weißt, daß ich längst entschlossen war, in dieser Weise zu handeln 1 ' 3 . Gerade dies streitet aber Emilie in ihrem Antwort- und Klagebrief vom 14. Mai entschieden ab: ,Du scheinst ebensowenig zu fühlen, wie beschämend es für mich [ist], daß Du einen so entscheidenden Schritt für unser Leben gethan hast, ohne Dir die Mühe zu nehmen, mit mir darüber zu berathschlagen, ... aber dieses neue Erlebnis läßt mich wieder recht schmerzlich fühlen, daß Du liebst, allein zu entscheiden und doch müssen wir zusammen handeln ... w .

Emilie litt sehr darunter, hatte .schon 3 Nächte nicht ordentlich geschla­fen 65 , sah aber trotzdem ein: ,Es gilt nun, meine Pflicht zu thun und Dir mit Freudigkeit beizustehen, zu helfen 1 "".

Der allgemeine Ton von Emilies Brief, tapfer, aber doch klagend, gab Fontane Anlaß, in seinem nächsten Brief an Emilie zu schreiben: ,Du hast bisher nichts dadurch erreicht als das eine, mir in kritischen Momenten das Schwere meiner Aufgabe noch schwerer gemacht zu haben 67 . Damit scheinen die Meinungsverschiedenheiten der Ehepartner auf dem Höhepunkt angelangt zu sein, gerade zu einer Zeit, als Fontane die Unterstützung und Hilfe seiner Frau am dringendsten und am nötigsten gebraucht hätte.

Am 20. Mai beantwortet Fontane Emilies Bemerkung, sie hätte es als .eine Pflicht und ein Vergnügen angesehen, zu Pfingsten nach Hause zu kommen, wenn ihr Sohn George gekommen wäre, ziemlich kühl und sarkastisch zugleich: .Dies [Emilies Bemerkung] ist in seiner Art klassisch. Was die Pflicht angeht, so kann ich mir noch recht was dabei denken; aber bei dem Vergnügen desto mehr. Mir liegen die Vergnügungen, die diese Besuche begleiteten, noch in den Gliedern 68 . Auf Emilies Wunsch aber, noch länger bei den Meringtons bleiben zu dürfen, geht Fontane noch im selben Brief ein: ,Ich gönn es Dir von Herzen. Bleibe so lange Du kannst und willst; es mag für uns beide so am besten sein. Du hast ein paar glückliche Wochen mehr, und am Ende ich auch. Denn was soll ein Zusammensein mit solchen Gefühlen. Es würde doch nur drei Tage erträglich sein oder das kaum 69 . Die Beziehung zwischen beiden Ehepartnern scheint am Tiefpunkt angekommen zu sein. Wie lange würde sie so bleiben?

Nicht lange, bereits am 19. Mai, also fünf Tage nach ihrem klagenden Brief vom 14. Mai, schrieb Emilie an ihren Mann von einer gemeinsamen Fahrt mit den Meringtons: .Unsere Fahrt gestern war entzückend u. die