Heft 
(1971) 12
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daß meine Anstrengungen zur Rettung des verlagerten Bestandes in völlig selbstloser Art erfolgten. Ich hatte nidits anderes im Sinn, als das wertvolle Kulturgut dem deutschen Volke erhalten zu helfen. Mir war völlig klar, daß ich auf Belobigung, Belohnung usw. in der damaligen turbulenten Zeit auf keinen Fall rechnen konnte.

Nur, wer als erwachsener Mensch die damalige Zeit bewußt miterlebt hat weiß, was es bedeutet, ausgehungert und entkräftet, solche Strapazen, wie den zweimaligen Gewaltmarsch nach Potsdam, zu unternehmen, ohne dazu gezwungen oder auch nur beauftragt zu sein, außer vom Gewissenszwang, einer guten Sache zu dienen.

Niemand begriff damals meine Handlungsweise, da ich ja wirklich genug damit zu tun hatte, meine Kinder und mich vor der äußersten Not zu bewahren. Von allen .vernünftigen 1 Leuten wurde ich damals deswegen teilweise angegriffen, ja verlacht. Ich war .unvernünftig' genug, das ein­mal begonnene Rettungswerk gegen alle Widerstände zu vollenden.

Bei allen Bemühungen wäre mir das aber nie gelungen, wenn ich nicht bei dem damaligen sowjetischen Kommandanten des .Roten Luches' Verständnis, Hilfe und Unterstützung gefunden hätte.

Im Aufträge der auf Anordnung des Ministeriums gebildeten Kommission wurden die im Staatsarchiv (früher Brandenburgisches Landeshaupt­archiv) Potsdam sich befindenden einschlägigen Akten durchgearbeitet. Die Darlegungen von Frau Röbel konnten dadurch bestätigt werden. In dem am 3. Juli 1968 angefertigten Abschlußbericht heißt es u. a.:daß die Darstellung von Frau Röbel über ihre Tätigkeit in den Jahren 1945 bis 1946 aktenkundig nachgewiesen wird, daß sich Frau Röbel also um die Sicherung der ausgelagerten Fontane-Handschriften sehr verdient gemacht hat.

Als am 1. 1. 1950 das Fontane-Archiv wieder mit einer planmäßigen Leitung besetzt werden konnte, waren immerhin etwa ein Drittel der Handschriften des Vorkriegsbestandes vorhanden, ohne die der Wieder­aufbau zur umfassendsten Nachlaßsammlung Theodor Fontanes kaum möglich gewesen wäre. Über die Handschriftenbestände des Fontane- Archivs vor dem zweiten Weltkrieg berichtete Hermann Fricke 1937 in seiner VeröffentlichungEmilie Fontane, Rathenow 1937, auf den Seiten 116 bis 144.

Im Staatsarchiv Potsdam befindet sich heute das umfangreiche maschi­nenschriftliche Bestandsverzeichnis des Fontane-Archivs vor den Verlage­rungsverlusten. Somit ist jederzeit die Feststellung möglich, ob wieder­auftauchende Fontane-Handschriften Eigentum des Fontane-Archivs waren.

Tatsächlich kommen seit Ende der vierziger Jahre bis 1970 laufend auf Auktionen in West-Berlin und in Westdeutschland Fontane-Handschriften, vor allem Briefe, aus den früheren Potsdamer Beständen zur Versteige­rung. Ein unverdächtiger Zeuge, der leider inzwischen verstorbene nam­hafte Fontaneforscher und Göttinger Universitätsprofessor Dr. Kurt Schreinert, sprach erstmalig in aller Öffentlichkeit im Band 2 (1963) des »Jahrbuches der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Seite 117, von

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