Heft 
(1971) 12
Seite
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Originalbriefen aus dem Potsdamer Archiv, diein Diebeshände gefallen sind.

Im guten Glauben erwarben, vor allem Anfang der fünfziger Jahre, als das Fontane-Archiv noch als vernichtet galt, verschiedene westdeutsche und West-Berliner Archive und Bibliotheken auf Auktionen und aus privater Hand Briefe und Aufzeichnungen aus dem früheren Potsdamer Bestand. Joachim Schobeß wies in seiner bereits erwähnten Arbeit 1965 zahlreiche Handschriften, Briefe und Manuskripte aus dem Potsdamer Fontane-Archiv in den Beständen westdeutscher und West-Berliner Archive und Bibliotheken nach. Sicher war es im Interesse der Forschung, daß diese Fontane-Handschriften in öffentliche Einrichtungen gelangten und vor einer möglichen Vernichtung bewahrt wurden. Ferner muß darauf hingewiesen werden, daß Dichterhandschriften in privater Hand meistens auf Jahrzehnte für die Forschung nicht zugänglich sind. Als das Fontane-Archiv 1965 den Tag seiner dreißigjährigen Zugehörigkeit zur Brandenburgischen Landesbibliothek mit einem Symposium festlich in Potsdam beging, wandte sich ein bekannter Bibliothekswissenschaftler der DDR an die westdeutschen und West-Berliner Archive und Bibliotheken, die Handschriften aus dem Potsdamer Vorkriegsbestand erworben hatten, und regte eine Rückgabe gegen Erstattung des Kaufpreises an. Einige der angeschriebenen Institute stellten daraufhin dem Fontane-Archiv Fotokopien kostenlos zur Verfügung.

Das Potsdamer Fontane-Archiv konnte ab 1958 mit Unterstützung des Ministeriums für Hoch- und Fachschulwesen nach und nach einige Hun­dert Fontane-Handschriften aus seinen vermißten Beständen zurück­erwerben. Interessant ist die Tatsache, daß derzeitige Besitzer in West­deutschland und West-Berlin nachweisen konnten, die betreffenden Handschriften aus dem vermißten Potsdamer Bestand auf Auktionen sehr frühzeitig gekauft zu haben.*)

Es gelangen bis in unsere Tage aus dem Diebesgut Briefe und Aufzeich­nungen in Westdeutschland und in West-Berlin zur Versteigerung. Das Fontane-Archiv setzte sich stets nach dem Eingang der Auktionskataloge mit den betreffenden Firmen in Verbindung und bat, die entsprechenden Briefe usw. von der Auktion abzusetzen, damit sie zurückgekauft werden können. Es fällt jedoch auf, daß sich seit 1966 der bzw. die Einlieferer weigern, die Briefe od*er Aufzeichnungen an das Fontane-Archiv gegen einen zu vereinbarenden Preis zurückzugeben, sondern auf Versteigerung bestehen. Aus diesem Grunde sahen wir uns gezwungen, unveröffentlichte Briefe aus dem Diebesgut des Fontane-Archivs, die zur Versteigerung gelangten, in denFontane-Blättern nach den im Fontane-Archiv befind­lichen Abschriften zu veröffentlichen. Ein typisches Beispiel war die Ver­steigerung des ManuskriptesDie Kleeßener Bredows, 13 Seiten und 22 Notizzettel (bei Fricke unter J 11, ae verzeichnet) aus Fontanes ManuskriptDas Ländchen Friesack, das abschriftlich in Potsdam vor-

*) In diesem Zusammenhang verdient die loyale Haltung, die das Schiller-Natio- nal-Museum, Marbach, gegenüber dem Fontane-Archiv auf Auktionen zeigte, besonders hervorgehoben zu werden.

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