Serien über Theater zu verdanken ist. Das Buch, das nur ein Vierte! der in der Vossischen Zeitung abgedruckten Besprechungen umfaßt, erschien wenige Jahre nach dem Tode des Dichters 1905 in zwei Auflagen. 1925 veranstalteten Fontanes Söhne Friedrich und Theodor unter dem verdeutschten Titel Plaudereien über Theater eine Neuausgabe (Nachdruck 1939). Stücke aus dem theaterkritischen Werk Fontanes gingen außerdem noch in einige andere Veröffentlichungen ein, von denen ich nur die erstklassig kommentierten Schriften zur Literatur (Aufbau- Verlag 1960) anführen möchte, wo Hans-Heinrich Reuter Kabinettstücke und -abschnitte nach Autoren geordnet (von Sophokles bis Holz/Schlaf) darbietet. Mit besonderem Nachdruck darf hier auf den Abschnitt verwiesen werden, den Reuters Fontane-Monographie diese Seite des Schaffens Fontanes widmet (Bd 1, Seite 424 ff.). Paul Schlenther (1854—1916), der als Theaterkritiker Kollege und schließlich Nachfolger Fontanes gewesen war (und dessen Vorwort von 1905 immer noch Beachtung verdient), hatte für reizvolle Auswahl eine ähnliche Ordnung gewählt: im ersten Teile eine Ordnung nach Autoren und Werken, im zweiten eine solche nach Schauspielern. Die große Ausgabe von Edgar Groß stellt die chronologische Folge wieder her. Am „Tropfen“ kann man wieder, um eine Wendung Schlenthers zu gebrauchen, den „Strom“ spüren. Die erste lange Kette der Kritiken (in der Vossischen Zeitung) gilt den Aufführungen der Hauptbühne, des königlichen Schauspielhauses, mit den Auftritten der großen Berliner Mimen, voran Döring und Bern- dal. Es folgen auf den letzten hundert Seiten des zweiten Bandes die Aufführungen der anderen Berliner Bühnen. Der dritte Band enthält Fontanes Schrift Die Londoner Theater, eine Frucht der englischen Jahre des Dichters, die schon zu Lebzeiten Fontanes in eine Buchausgabe einging. Außerdem finden sich in diesem Band noch die Kritiken, die sich mit Gastspielen französischer Theatertruppen in Berlin befassen (aus den Jahren 1874—1879). Beigegeben sind schließlich noch, etwas willkürlich zusammengestellt, Stücke aus dem Briefwechsel und Dokumente, die sich auf Fontanes Kritikertätigkeit beziehen.
Am Anfang der Kritiken steht eine Rezension der Teil-Aufführung vom 17. 8. 1870. Die letzten Theaterbesprechungen befassen sich mit den Aufführungen der „Freien Bühne“, bei der Stücke von Autoren wie Ibsen, Björnson und Gerhart Hauptmann auf dem Spielplan stehen. Frappierend ist das lebhafte Interesse und Verständnis, das Fontane gerade für diese Produktionen empfindet. Einen besonderen Reiz hat es, die Kritiken desselben Stückes über die Jahre hin zu verfolgen. Und einen mindestens ebensogroßen Reiz hat es, die Vorlieben und Abneigungen Fontanes zu studieren. Gerade die Kritiken, die sich auf längst vergessene Dramen beziehen, sollte man nicht übergehen. Der kritische Spürsinn Fontanes, dessen Initialen „Th. F.“ jemand als „Theater-Fremdling“ gedeutet hatte (dem Fontane amüsiert zugestimmt hatte), bewahrt sich gerade am Schwachen, „Anfechtbaren“ und „Verfehlten“. Bedeutend sind wiederum aber auch jene Kritiken, in denen er dem Autor die Krone gibt und von den Schauspielern das Höchste fordert. Der Gipfel der dramatischen Poesie ist für Fontane fraglos Shakespeare, und lohnend ist es gewiß.
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