Heft 
(1971) 12
Seite
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Zur Datierung von Fontanes Brief an Wilhelm Wolfsohn vom Sommer 1843

Fontanes gemeinsam mit Hermann Jellinek und Max Müller aus Leipzig an Wilhelm Wolfsohn gerichteter Brief (Wolters, S. 1518; Der junge Fontane. Dichtung, Briefe, Publizistik. Hrsg, von Helmut Richter, Berlin und Weimar 1969, S. 310312) dürfte zwischen Ende Juni und der ersten Julihälfte 1843 geschrieben worden sein. Dies läßt sich aus dem Bezug auf Wolfsohns kurz vor der Abfassung des Briefes erfolgte Abreise aus Leipzig schließen; der Gruß wurde ihm auf demWege zur Heimat nachgesandt, und Fontane spricht noch von denSchmerzen des Ab­schieds. Wolfsohn trat seine Reise nach Odessa nicht vor Mitte Juni 1843 an. Seine Sammlung getrockneter und mit Ort und Datum ver­sehener Baumblätter (vgl. Fontane-Blätter, Band 2, 1970, Heft 3, S. 153, Anm. 1) bezeugt seine Anwesenheit in der zweiten Maihälfte noch in Weimar, wo er sich von dem auch Fontane als Puschkin-Übersetzer bekannten russischen Probst Stefan Sabinin verabschiedete. Aus Brody in Galizien, einer Zwischenstation auf dem Wege nach Odessa, stammt ein Blatt mit der Aufschrift17. Juli 1843. In der ersten August­hälfte war Wolfsohn in der Heimatstadt angelangt. Ein Brief Philippine Fontanes an Wolfsohn vom 26. August 1843 (Fontane-Archiv Potsdam) ist nämlich bereits die Antwort auf ein nicht überliefertes Schreiben Wolfsohns aus Odessa an Tante Pinchen, dem einLiebes- und Freundes­gruß für Fontane beigelegen hatte. Tante Pinchen schrieb unter dem 26. August 1843 aus Leipzig:Unser Theodor ist jetzt daheim, im Kreise der Seinen. Leider hat bis jetzt seine Militärangelegenheit noch keine günstige Wendung genommen. Mit betrübter Seele sage ich es, ich fürchte, diese Sache werde noch hindernd seiner Laufbahn in den Weg treten. Gott, der gütige Lenker der menschlichen Schicksale, möge auch das meines guten Theodors gnädig lenken. Fontanes Briefe an einelandrätliche Be­hörde des Kreises Lebus zu Frankfurt Oder vom 15. August 1843 und an den Kreissekretär Burchardi in Frankfurt Oder vom 19. September, beide aus Letschin (Schreibmaschinenabschrift im Fontane-Archiv Potsdam), zeigen, daß auch Fontane Befürchtungen hegte, seines Anspruchs auf den ein­jährig-freiwilligen Dienst verlustig zu gehen. Der Brief vom 15. August nimmt Bezug auf ein vom Vater Louis Henri am 11. August 1843 nach Berlin betreffs derkörperlichen Untersuchung Fontanes gerichtetes sowie auf ein ..von der Königl. Kreis-Ersatz-Kommission zu Berlin soeben in Letschin erhaltenes Schreiben. Bei dieser Kommission hatte Fontane während seines Aufenthaltes in Berlin anläßlich der Rückreise von Leipzig nach Letschin seine Militärpapiere abgegeben. Der am 15. August 1843 in Letschin geschriebene Brief hilft, Fontanes Rückkehr ins Elternhaus für die erste Augusthälfte 1843 zu bestimmen. Vater Fontanes Zeugnis, sein Sohn habe vom 1. April 1843 an die Defektar- stelle in Letschin verwaltet, und die sich darauf stützenden späteren Angaben (z. B. Hermann Fricke, Fontane-Chronik, Berlin-Grunewald 1960, S. 13, und: Helmuth Nürnberger, Der frühe Fontane, Hamburg 1967, S. 101) entsprechen ebensowenig den Tatsachen, wie Fontanes Angabe inVon

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