Heft 
(1973) 16
Seite
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100 so furchtbar verschludertes Metier betreiben, aber auch das kann mich nicht bestimmen, von meinen mir aus Noth aber allerdings auch aus Aerger aufgedrungenen Entschlüssen abzugehen.

ln vorzüglicher Ergebenheit Th. Fontane.

Berlin 13. März 95.

Potsdamerstraße 134.c.

Hochgeehrter Herr.

Auch Krankheit, wenn sie nicht zu toll kommt, hat ihr Gutes und sorgt namentlich zur Abtragung alter Leseschulden. So habe ich, während der letzten 8 Tage, endlich IhrVon Perlin bis Berlin 24 gelesen und mich außerordentlich erfreut. Aus vielen Gründen. Zunächst deshalb, weil keine Spur von der herkömmlichen Biographie darin zu finden ist. Wie schreibt der herkömmliche Biograph!Am 3. Oktober kam ich zum ersten Mal in das berühmte Kuglersche Haus, wo ich den berühmten Verfasser des berühmten Liedes ,An der Saale hellem Strande persönlich kennen lernte. Neben ihm saß die durch Schönheit berühmte Frau Clara Kugler und die erblühende schöne Tochter, die bestimmt war die Gattin des ebenso durch Schönheit wie Berühmtheit berühmten Paul Heyse zu werden. So geht es weiter und mitunter werden auf 3 Seiten 30 Be­rühmtheiten eingeschlachtet. Sie haben das alles ganz anders gemacht und haben auch in Ihrem Bericht über Heinrich Seidel Ihren Seidelstil ruhig weiter geschrieben. Dadurch ist Ihr Buch auf einen bestimmten Ton gestimmt, der eben Ihr Ton ist und darauf kommt es an. Ueberall das helle Auge für die Natur und die Freude daran; Land und Leute, Wald und Wiese, Fauna und Flora, Findlinge mit Granaten drin und sogar eine angezweifelte Beutelmeise ziehen an einem vorüber und einen der Jungen sieht man eine nach einem Tortenprinzip aufgebaute Butter­stulle verzehren, an der alles Bullrische Salz 25 machtlos zerstieben muß. Es ist alles Leben und Wirklichkeit und gute Laune dazu. Zugleich reiht sich das Buch so vorzüglich in Ihre andern Bücher ein; es ist ein andrer Stoff, ein andrer Geist und doch ist es auch wieder Lebrecht Hühnchen oder paßt wenigstens wundervoll dazu.

Zweierlei um doch auch ein bißchen den Kritiker zu spielen ist mir aufgefallen, erstens, daß Sie mit denHumoren doch gelegent­lich (meinem Gefühl nach) mal vorbeigreifen, dann zweitens, daß Sie den Vortrag einer kleinen komischen Erzählung oder Schnurre nicht an der rechten Stelle abschließen. Sie geben noch ein Endchen dazu und mindern dadurch die Wirkung, die Sie steigern wollen. Zu 1. findet sich gleich ein Beispiel auf der ersten Seite; 26 ich hätte das mit demGalgen fortgelassen- Will man aber dergleichen schreiben (die Armstrongs waren stolz darauf, daß 33 von ihnen gehenkt wurden) so muß es glaub ich grotesker auftreten. Zu 2. hatte ich eine ganze Anzahl von Belegstellen, die beste kann ich aber leider nicht wieder-finden. So denn statt der besten eine nicht voll so frappante; das ist die Geschichte vom Frosch-

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