Heft 
(1973) 16
Seite
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2 .

Fontanes Aufsatz blieb nicht ohne Echo, sondern erfuhr eine Entgegnung aus der Feder Friedrich Spielhagens, und zwar in Form eines an die Herausgeber desMagazins gerichteten Briefes 11 .

Spielhagen, der sich den Anschein gibt, als ob auch er den Namen des Autors nicht kenne (und ihn vielleicht in der Tat nicht gekannt hat), bestreitet im wesentlichen die Behauptungen Fontanes, versäumt aber nicht, dem Autor mehrmals seinen hohen Respekt zu bekunden. Er räumt zwar ein, daß manches Wahre an Fontanes Ausführungen sei, wirft aber Fontane zugleich vor, er habe sich zu Übertreibungen hinreißen lassen und in unzulässiger Weise verallgemeinert. Ja, Spielhagen weist darauf hin, daß zu einer genauen Analyse der materiellen Lage der Schriftsteller schließlich statistische Erhebungen erforderlich wären.

Nachdem Spielhagen sich uneingeschränkt zu der bestehenden Gesell­schaftsordnung im Preußen-Deutschland seiner Zeit bekannt hat, (es ist, behauptet er, meinRecht, die Gesellschaft, die ich mir gewählt habe und in der ich mich bewege, für die beste zu halten 12 ), bezieht er in seiner Polemik gegen die beiden Hauptargumente Fontanes die Position eines bürgerlich-liberalen Schriftstellers, der sich alsfreier Schriftstel­ler fühlt und doch die Abhängigkeit der Literatur vom Kapital kritiklos akzeptiert-

Spielhagen bestreitet, daß den Schriftstellern schlechthin der Respekt verweigert wird:Darin muß ich ihm freilich recht geben: vom Staate, als solchem, wird der Schriftstellerwelt nicht die Aufmerksamkeit gezollt, die ihr gebührt. Nur möchte ich auch hier wieder den Grund der fehlen­den Aufmerksamkeit nicht in dem Mangel an ,Respekt sehen. Viel eher dürfte das Gegenteil der Fall sein: man respektiert uns nur zu sehr; man hat den respektabelsten Respekt vor der Kraft, die uns innewohnt, der Macht- die wir ausüben und die wir wer kann es wissen! in einer Weise ausüben könnten oder ausüben, die den augenblicklichen Macht­habern gründlich unbequem wäre oder unbequem ist. Den augenblick­lichen Machthabern, sage ich, nicht dem Staate! 13 . Nicht zuletzt mithilfe dieser etwas irrealen Unterscheidung zwischen demStaate und den augenblicklichen Machthabern dreht Spielhagen dann Fontanes Argu­mentation um. Daß dem Schriftsteller staatliche Anerkennung, Ämter, Titel und Orden vorenthalten werden, ist nicht zu bedauern, sondern zu begrüßen:Ich sage freudig: Gott sei Dank! Gott sei Dank, daß, wenn wir alle auch eigentlich zum Ressort des Kultusministers gehören und jeder von uns, nach seiner Leistungsfähigkeit, in diesem Ressort die Stellung eines wirklich geheimen, einfach geheimen oder gar nicht geheimen Rates, Assessors, Referendars einnimmt, wir doch in den Beamten-(und Kon- duite-)Listen seiner Exzellenz nicht figurieren und, wo wir mit seinen Leistungen oder Maßnahmen unzufrieden sind, ihm das mit einem Frei­mut sagen dürfen, welcher dem Vortragenden Rat mindestens eine Disziplinaruntersuchung, wenn nicht noch Schlimmeres, eintragen dürfte 14 . So kann denn Spielhagen, wenn er Fontanes freilich unzu­reichend fundierten, von ihm selbst angezweifelten Vorschlag unter

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