Heft 
(1973) 16
Seite
610
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Erzählung an, wie sie etwa MannsTristan darstellt. Solche Zitate fungieren bei dem Älteren eher punktuell und bildungs- oder traditions­kritisch (wie z. B. die von Crampas referierten Heine-Gedichte; übrigens wird auch imStechlin [8. Kap.] kurz auf die Szene unterm Holunder­baum angespielt), und außerdem muß Pierre Bange wesentliche Gestal­tungsgruppierungen, besonders: Mutter Briest Effi Vater Briest, zu- gunsten seiner Konstruktion vernachlässigen. Dieter Sommer legte die bisher eindringlichste Analyse desStechlin vor, und dies bei aller Abstraktionshöhe in bestechend genauen Formulierungen. Dem bescheidenen TitelProbleme der Typisierung... wurde der Vortrag im Übermaß gerecht, sowohl hinsichtlich der einleitenden Darlegungen zur Gestaltengruppierung und zurGegenwelt der Handlungsträger, als auch hinsichtlich deren Verhältnisses zumAlten undNeuen, zur gesellschaftlichen Perspektive und Praxis. Sachnahe und unaufdringlich wurden die Vorzüge der marxistischen Analyse-Technik unter Beweis gestellt. Daß es sich, wie auch bei Müller-Seidel, um das Teilkapitel eines demnächst erscheinenden Buches handelt, läßt die Vermutung zu, die hier fehlenden weiteren Beziehungen (etwa zuFrau Jenny Treibei, zum zeitgenössischen Realismus, auch zu anderentranszen­dierenden Alterswerken) werden dort den ihnen gebührenden Platz finden.

Hans-Heinrich Reuter hatte die schwierige Aufgabe übernommen, durch ein Referat zum Generalthema die Konferenz einzuleiten und ihren mutmaßlichen Rahmen abzustecken. Seingewagter Versuch (28) sollte die Leistung und vorher die Voraussetzungen des Fontaneschen Realismus benennen. Das sind in Kürze: nervöse Sinnesempfindlichkeit mitsamt derKunst atmosphärischer Verdichtung; diePassion des Brief Schreibers, die wiederum aus der des Beobachters und Causeurs erwächst; Unlust an der bloßen, nicht mit Menschen besetztenschönen Natur und eine entsprechendeWahl der eigentlichem Schauplätze (34) wie der uneigentlichen; fortgeführte Studien zur Theorie des poetischen Realismus. Dies wird zunächst an Äußerungen und Erleb­nissen vom Sommer 1886 entwickelt, alsQuitt in Arbeit war undeine Epoche folgenreichster sozialer und politischer Umwälzungen (27) begon­nen hatte. Man sieht freilich nicht recht ein, warum der Versuchnot­wendigerweise [...] den Weg über derartige mit Wüllersdorf zu sprechen ,Hilfskonstruktionen 1 (28) hat nehmen müssen. Reuter braucht sie, weil er Fontane mit Büchner kontrastieren will, obwohl doch die Gemeinsamkeiten zwischenWoyzeck undQuitt sich schlechterdings darin erschöpfen, daß in beiden Werken ein Mord geschieht. [Der Moral derarmen Leut imWoyzeck stehen hingegen Gedanken Stines nahe:Brav sein und sich rechtschaffen halten, das ist alles sehr gut und schön, aber doch eigentlich nur was Feines für die Vornehmen und Reichen..., 7. Kap.] Es folgt ein biographischer Rückblick, der besonders bei London und Thackeray verweilt. Die Bücher über England wie noch dieWanderungen seien alsein Provisorium und Interim für die Altersromane zu verstehen, zu denen es vorläufig