raturen und Wissenschaften, die eine wesentliche Voraussetzung für die spätere Programmgestaltung geworden sind. Als er 1878 nach Deutschland zurückkehrte und in Leipzig eine „Internationale Buchhandlung“ eröffnete, verfügte der Sechsundzwanzigjährige nicht nur über weitreichende Auslandsverbindungen und internationale Erfahrungen der buchhändlerischen Verlagspraxis, sondern auch über eine kosmopolitische Geisteshaltung und eine .an europäischen Maßstäben orientierte Urteilsfähigkeit, die für seine Verlegerarbeit wie für seine persönliche Lebensform bestimmend wurden. Die Einsicht in die epigonale Dekadenz und provinzielle Enge des damaligen deutschen Kulturlebens begründete programmatisch die Konzeption und unternehmerische Zielsetzung des jungen Verlegers, der sich folgerichtig zunächst auf die Vermittlung zeitgenössischer europäischer Literatur nach Deutschland konzentrierte. Dabei gelang ihm schon nach kurzer Zeit ein entscheidender verlegerischer Durchbruch mit der Übernahme des 1832 gegründeten „Magazin für die Literatur des Auslandes“ 8 ab 1. 1. 1879, das zur Erfolgsbasis des Verlages wurde. Da es Friedrich gelang, dieses farblose philologische Fachblatt in Kürze zu einem sog. „vornehmen“ Organ zu entwickeln, es inhaltlich auf die deutsche Literatur der Gegenwart zu erweitern und fortschreitend die frühnaturalistischen Autoren zu beteiligen, stand der jungen Firma mit dieser Zeitschrift schon nach zwei Jahren ein internationales Diskus- sonsforum zur Verfügung, das Friedrich den aktuellen Literaturmarkt öffnete. Als das Wochenblatt Anfang 1882 als „Magazin für die Literatur des In- und Auslandes“ in seinen 50. Jahrgang eintrat, war es zugleich offizielles Organ des „Allgemeinen deutschen Schriftstellerverbandes“ und der inzwischen „Kgl. Rumänischer Hofbuchhändler“ gewordene Friedrich ein anerkannter Verleger, dessen Erfolgstendenz konservative wie progressive Schriftsteller gleichermaßen anzog.
In dieser Zeit kommt der Kontakt Fontane—Friedrich zustande, vermittelt durch den „Magazin“-Herausgeber und Literaturhistoriker Dr. Eduard Engel 9 in Berlin. Die Gründe dafür, warum diese verlegerische Neuorientierung Fontanes über wenige „Magazin“-Beiträge und die Buchausgabe des „Schach von Wuthenow“ nicht hinausführte, trotz mehrfach bekundeter gegenseitiger Bereitschaft, werden später zu suchen sein. Es spricht manches dafür, daß v. a. die fortschreitende Radikalisierung der weiteren Verlagsentwicklung ein langfristigeres Engagement Fontanes bei Friedrich verhindert hat. Denn nach der ersten finanziellen Konsolidierung seiner Firma und der Etablierung seines Namens am Markt gab Friedrich die anfängliche Zurückhaltung auf, mit der er ein ausgewogenes Verhältnis von traditioneller und moderner Literatur zunächst angestrebt hatte, und engagierte sich immer eindeutiger für die Verwirklichung der skizzierten Verlagsideen. Als Friedrich Ende 1886 die damals führende naturalistische Zeitschrift „Die Gesellschaft“ 10 übernahm, war er der maßgebende Verleger des „Jüngsten Deutschland“, der mit seinen Zeitschriften und Autoren das literarische Leben dieser Jahre beherrschte. Die meisten progressiven Schriftsteller, die in den 80er und frühen 90er Jahren eine Rolle spielten oder zu spielen begannen, haben unter Fried -
12