Lachen; natürlich muß ich meine Arbeiten an den Mann bringen, weil ich sonst nicht leben kann, s o weit ist also die Erfolgsfrage für mich von einer gewissen praktischen Bedeutung [. ..] in allem Übrigen aber hab ich mich von der schaf- köpflgsten Schafköpflgkeit des großen Publikums, am meisten aber des sogenannten gebildeten“, der maßen überzeugt, daß Herr v. Thiemus immer mehr mein Ideal wird.“20
Wenige Tage später artikulierte er gegenüber seiner Frau rückhaltlos die Krise;
„Alles macht einen wahren Jammer-Eindruck auf mich, und wenn ich nicht arbeiten müßte, würd' ich es in einem gewissen Verzweiflungszustande, in dem ich mich befinde, doch wahrscheinlich aufgeben. Ersieh daraus, wie groß mein Degout ist, denn meiner ganzen Natur nach bin ich auf die Freude des Schaffens gestellt.“21
Das kritische Resümee bei der Planung der weiteren Arbeit nach Abschluß des „Schach“ 22 lautete schließlich:
„Rechte Lust habe ich zu nichts mehr; man kann in der Kunst ohne eine begeisterte Zustimmung der Mitlebenden oder wenigstens eines bestimmten Kreises der Mitlebenden nicht bestehn. Ringt man sich erfolglos ab, bringt man es nie über den ledernen succfes d’estime hinaus, empfindet man jeden Augenblick: es ist ganz gleichgültig, ob Du lebst oder nicht lebst, und es ist womöglich noch gleichgültiger ob Du einen Roman unter dem Titel ,Peter der Große“, ,Peter in der Fremde“ oder ,Struwelpeter“ schreibst, alle bestehen aus denselben 24 Buchstaben und alle kommen in die Leihbibliothek und werden ä 1 Sgr pro Band gelesen und nach Gutdünken und Zufall abwechselnd gut und schlecht befunden, - auf dieser Alltags- und Durchschnitts-Stufen stehen bleiben, ist traurig, lähmt und kann selbst meine Hoffnungsseligkeit nicht zu neuen Großthaten begeistern. Man ist also blos der Soldat auf dem Posten [. . .] “23
Dieser alle literarischen Wert- und Urteilsmaßstäbe relativierende Befund kennzeichnet Fontanes krisenhafte Verfassung in der ersten Phase seines Alterswerkes, in der er an der undifferenzierten Resonanz, dem „ewigen succes d’estime“ seiner Arbeit fast gescheitert wäre. Es gehört zu den zahlreichen Außergewöhnlichkeiten des späten Fontane, daß er dennoch nicht die künstlerische Orientierung verlor, daß diese ungünstigen Bedingungen mit ihren erheblichen psychologischen Folgen am Ende doch keine Schaffenslähmung und keine ästhetischen Konzessionen verursachten, sondern daß diese Krise mit einer stark produktiven Phase und mit dem entscheidenden künstlerischen Reifeprozeß des Dichters zusammenfällt. Das zitierte Belegmaterial reicht aus, um den Ausgangspunkt zu verdeutlichen: Fontane war Anfang 1881 ein erst mäßig bekannter, noch kein „gesuchter“ Autor, er mußte seine Arbeiten noch „unterbringen“. Gelang ihm dies nicht, so verzögerte sich ihre Fertigstellung (z. B. „Schach von Wuthenow“) oder überhaupt ihre Vollendung (z. B. der zweite Roman „Allerlei Glück“). „Um mich kümmert sich keine Katze“, hatte Fontane etwas überspitzt seine Situation artikuliert. Einen weiteren Anhalts • Punkt dafür, daß die Verbindung zum Verlag W. Friedrich vom Dichter eingeleitet wurde, liefern die erhaltenen Quellen selbst.
Es ist schon erwähnt worden, daß Fontanes Kontaktmann der Literaturhistoriker Dr. Eduard Engel war, der seit Ende 1879 in Berlin das von Friedrich übernommene „Magazin“ leitete. In den unveröffentlichten