Heft 
(1973) 17
Seite
18
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Tagebüchern 1866-1882 wird er am 18. 1. 1881 zum ersten Mal genannt und vier Tage später folgt der Eintrag:Brief an Dr. Eduard Engel über LAdultera geschrieben. Es kann als sicher gelten, daß Fontane damit auf die Buchausgabe vonGrete Minde und denNord und Süd-Vor- abdruck vonL'Adultera aufmerksam gemacht hat. Denn diese erste briefliche Kontaktaufnahme führte schon sehr bald zu einem Ergebnis, das für Fontane von grundlegender persönlicher und publizistischer Be­deutung geworden ist. Am 9. Februar 1881 notierte er im Tagebuch:

An Dr. Eduard Engel, Herausgeber des Magazins für d. Liter, d. A. geschrieben und Ihm gedankt für eine sehr freundliche Kritik über Grete Minde und LAdultera.

Diese Doppelkritik erschien am 12. Februar 1881 als Titelaufsatz der erst kürzlich auf die deutsche Literatur erweiterten Zeitschrift und stellt die wohl erste umfangreichere Würdigung der Erzählkunst des späten Fon­tane überhaupt dar. M Noch am selben Tage stattete der so uneingeschränkt als Künstler Gewürdigte seinem Kritiker einen Dankesbesuch ab. Im Tagebuch vermerkt er nüchtern:Besuch bei Dr. Eduard Engel, Lützow- Ufer 11. In den Memoiren Eduard Engels liest man zu diesem Besuch: «... da stand Theodor Fontane, der »alte Herr 4 , stattlich, nur leicht ergraut, mit dem geschichtlich gewordenen grünen Schal um den Hals [. . .] tat keinen Schritt vorwärts ins Zimmer, schüchtern wie ein armer Bittsteller, und ja dann sah ich Tränen in seinen Augen. Ich streckte ihm die Hand entgegen: Lieber Herr! da umarmte er mich und lächelte midi durch Tränen an [. . .] und er begann: ,Ich muß Ihnen danken: Sie sind der Erste und der Einzige, der es auszusprechen gewagt hat, daß Theodor Fontane ein Erzähler hohen Ranges sei, so bedeutend wie die großen englischen und französischen Erzähler unsrer Zeit. Das hat noch keiner von mir öffentlich gesagt; Allen bin ich nur der Diditer der preußischen Balladen in den Schullesebüchern und der Theaterberichterstatter für die Vossische, Ich selbst habe immer geglaubt, daß ich noch etwas andres könne, und meine Frau hat es auch geglaubt, aber wer sonst? Vielleicht noch mancher Andre, mancher hat es mir sogar wohlwollend gesagt, unter vier Augen, aber drucken hat es noch keiner lassen. Nie werde ich Ihnen das vergessen!* [. ..]25

Selbst wenn man den sekundären Quellenwert und den etwas gespreizten, ehrpusseligen Grundzug dieser Memoiren in Rechnung stellt, wird an der Substanz dieses Berichts kaum zu zweifeln sein. Engel hatte in der skiz­zierten Krisenverfassung Fontanes den Nerv seines Selbstverständnisses getroffen und aus zwei literarhistorisch schwächeren Werken wesentliche Merkmale der Erzählkunst Fontanes ermittelt. Der Aufsatz beginnt:

In Berlin giebt es eine gar nicht geringe Zahl von Berühmtheiten, deren Namen über die nahe Umgebung der Stadt, etwa über den Geltungsbereich der Vossischen Zeitung hinaus, nur den Wenigsten bekannt sind [. . .] Zu jenen Lokalberühmt­heiten gehört nun leider auöh Theodor Fontane, leider und mit Un­recht, denn er verdient ein besseres Loos.26

Er hebt denAbstand zwischen den Modeschriftstellern und den wenigen abseits der Heerstrasse der sogenannten Beliebheit sich bewegenden vornehmen Dichtern wie Fontane hervor, der keineMätzchen und Konzessionen mache, um die Gunst des Lesers zuerlisten, und derwie alle tüchtigen Autoren, zunächst für sich, zu eigner Kurzweil schreibe undnicht sonderlich danach frage,ob er den augenblicklichen Kam-