Heft 
(1973) 17
Seite
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ein Konflikt, welcher der Einseitigkeit des Fontane-Verständnisses bis in die Forschung hinein Vorschub geleistet hat und der gerade anSchach von Wuthenow, als dem zentralen Werk innerhalb Fontanes ästhetischem Umbruch, besonders greifbar wird. Er argumentierte zu dieser dreifachen Belieferung der Zeitungen entschuldigend [12]:

Dies ließ sich nicht umgehn, beide muss ich cajolieren, denn beide (obwohl politisch ganz entgegengesetzt) umfassen mein allereigentlichstes Publikum, die Kreuzzeitungs-Leute halten wegen meiner Kriegsbücher, märkischen Wanderungen etc. grosse Stücke von mir, die Leser der Vossin wegen meiner Theater-Bericht­erstattung und sonstiger mannigfach geübter Kritik.* 4

Ähnlich wurde das Interesse am Erscheinungstermin noch vor Weih­nachten begründet [5]:

Mir mit ,Erfolgen zu schmeicheln, hab ich längst verlernt; aber andererseits weiß ich doch auch, daß ich ein kleines Publikum habe, das fest zu mir hält und nun seit Jahren daran gewöhnt ist, in der Woche vor Weihnachten drei oder vier Mark an seinen .vaterländischen Schriftsteller zu setzen.

Die andere Seite dieses Rezeptionsproblems eine Variante desVer- spätungs-Problems, das denmodernen Erzähler europäischen For­mats an ein konventionelles, regional fixiertes Publikum band, artikulierte Fontane in einem späteren Brief an Friedrich mit ungehaltenem Nach­druck [16]:

Die gesamte deutsche Presse verfolgt, mir wie andern gegenüber, beständig den Zweck, einen bestimmten Schriftsteller an eine bestimmte Stelle festnageln zu wollen [.. .] Mein Metier besteht darin, bis in alle Ewigkeit hinein .märkische Wanderungen zu schreiben. Alles Andre wird nur mit in Kauf genommen.

Sieht man von der durch die Forschung schon mehrfach aufgenommenen Titelfrage ab [56], so leistet die erhalteneSchach-Korrespondenz Fon­tanes mit Friedrich nicht den geringsten Beitrag zu inhaltlichen und formalen Fragen der Novelle, was wohl darauf zurückzuführen ist, daß Friedrich das Werk durch den Vorabdruck in derVossischen Zeitung bereite genau bekannt war. So traten Vertragsfragen, Technisches, Ab­satz- und Verteilungsprobleme in den Vordergrund. 50 Für die guten Dienste Eduard Engels bei der Vermittlung der Buchaus­gabe an Friedrich revanchierte sich Fontane umgehend mit einer Bespre­chung von Engels Anfang Oktober 1382 erschienenenGeschichte der französischen Litteratur , 51 die als erster Band eine lObändigeGe­schichte der Weltlitteratur in Einzeldarstellungen (18821889) einleitete, eine der umfangreichsten, verdienstvollsten und erfolgreichsten verlege­rischen Leistungen Friedrichs. Engel wiederum antwortete noch vor Weihnachten mit einerSchach-Kritik imMagazin, 52 in welcher bei allem Bedauern darüber, daß Fontane nachLAdultera keinen zweiten aktuellen Berliner, sondern einen historischen Roman vorlegt, weitere Charakteristika des späten Fontane erkannt wurden: die Kunst des Dia­logs und die durchdichterische Echtheit ästhetisch sublimiertehisto­rische Treue. 53 Wie tief Engels Verständnis von der Bedeutung Fontanes für die deutsche Literatur damals schon ging, zeigt die folgende Passage aus dieser Kritik:

Theodor Fontane hat nicht gewartet, bis der Realismus uns durch die Franzosen als eine recht einträgliche Modesache vermittelt wurde. Seine sämtlichen Schriften