Heft 
(1973) 17
Seite
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regelmäßigen Korrespondenz zwischen Fontane und Friedrich nicht mehr ausgehen können, dafür fehlt es nach dem vorliegenden Quellenmaterial an substantiellen Anlässen. Der Kontakt wurde von beiden Seiten auf­recht erhalten, ein gegenseitiges Interesse gewahrt, ohne daß es zu einer Vertiefung oder Konkretisierung der Beziehung kam. Auch die Rezen­sionswünsche, die der Verleger den zahlreichen Neuerscheinungssendun­gen an Fontane oft beifügte, hat dieser wie gegenüber so vielen ande­ren in der Regel abgelehnt [19, 2123, 25, 28]. Neben den immer wieder­kehrenden Begründungen wie Arbeitsüberlastung, Alter, andere Ver­pflichtungen (etwa für dieVossische Zeitung) enthalten zwei Briefe bemerkenswerte Selbstzeugnisse Fontanes für die subjektive Grundlage seines kritischen Verfahrens. Die Druckfassung des Briefes an Friedrich vom 26. 4. 1884, in dem Fontane die Rezensionswünsche für Hermann HeibergsDie goldene Schlange 20 ablehnte, wurde um einen wichtigen und heftigen Passus gekürzt, der in der Abschrift jedoch erhalten ist [21]. Die Zeit für eine ausgewogene Kritik, wenigstens 14 Tage, könnte er nicht aufwenden, heißt es:

Nicht können und auch nicht wollen. Denn wer setzt vierzehn Tage an mich? Seit zwanzig Jahren muß ich mir das Gequatsch beliebiger Penny-a-liners in den Zeitungen gefallen lassen, die zehn Zeilen über mich zum besten geben, Zeilen deren Lob noch viel wertloser ist als ihr Tadel, während ich allem möglichen jungen Volk die Stiefel putze, damit sie sich blank und propre in der literar. Welt herumzieren können. Mit 64 Jahren hab ichs nun endlich satt. Und so wollen Sie mich gütigst entschuldigen.**60

Die Personalisierung der kritischen Urteilsbereitschaft, die zunächstpri­vat motivierte kritische Enstellung formulierte Fontane weniger gereizt bei der Ablehnung einer Besprechung von Band 3 (C. M. Sauer,Ge­schichte der italienischen Litteratur, 1883) und Band 5 (F. Hirsch,Ge­schichte der deutschen Litteratur 1., 1883) der genanntenGeschichte der Weltlitteratur in Einzeldarstellungen [19]:

r. . ] nur wo freundschaftlich persönliche Beziehungen vorliegen, kann ich mich zu Buch-Kritik verstehen.

Unter diesem Gesichtspunkt läßt sich die weitere Mitarbeit Fontanes beim Magazin nur als Gelegenheits- oder Gefälligkeitsarbeit deuten. Mit Ausnahme des bekannten Alexis-Aufsatzes, 61 den Engel anläßlich einer neuen Gesamtausgabe der Romane des Fontane-Vorbildes angeregt hatte und der den umfangreichsten und profiliertestenMagazin-Beitrag Fon­tanes überhaupt darstellt, läßt sich weder für die Kritik von Emmy v. DincklagesDie Amsivarier 62 noch für die Besprechung der von Paul Lindau 1885 ediertenBriefe aus dem Osten und Westen der Vereinigten Staaten 63 eine besondere Affinität Fontanes zu diesen literarhistorisch belanglosen Gegenständen seiner Kritik feststellen. Der naheliegende Schluß eines inzwischen eingetretenen deutlichen Interesseverlustes oder einer nachhaltigen Störung der anfangs so günstigen Kooperationsbedin­gungen zwischen Fontane, Engel und Friedrich kann aus den erhaltenen Briefen allein nicht abgeleitet werden. Fontane bedauerte immer wieder und glaubhaft seine negativen Reaktionen auf Angebote und Aufforde­rungen des Verlegers, denn:Es würde durchaus meinen Wünschen ent-

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