Kurt Müller (Beeskow)
Ein Stadtarchivar auf Theodor Fontanes Spuren in der Stadt Beeskow
In zwei seiner Werke berichtet Theodor Fontane über die Stadt Beeskow. Im Kapitel „Cossenblatt“ seiner „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ vernehmen wir, daß er 1862 auf der Fahrt von Fürstenwalde nach Kossenblatt in Beeskow übernachtete, am nächsten Tag die „bischöfliche Burg“ und die Kirche besichtigte. In seinem Buch „Von Zwanzig bis Dreißig“ erzählt Fontane von Jean Pierre Barthelemy Rouanet, dem Großvater seiner Frau Emilie, der einstmals um 1800 in Beeskow als Senator und Stadtkämmerer tätig war.
Wir verfolgen Fontanes Spuren in der Stadt und fragen kritisch: Was ist Wahrheit — was ist Dichtung? Im Kapitel „Cossenblatt“ lesen wir auf Seite 434 :*
„Gegen Mitternacht war ich in dem Städtchen Beeskow und schlief in einem alten Haus, dessen Hinterwand von einem Stück Stadtmauer gebildet wurde. Zugleich erfuhr ich en passant, daß dieses Haus ein Ursulinerinnen-Kloster sei und dann und wann von nicht Ruhe habenden Äbtissinnen und Nonnen besucht werde. Auch der übliche .unterirdische Gang 1 wurde mir nicht erlassen.“
Wir sind erstaunt! Ein Kloster, sogar ein Nonnenkloster, in der Stadt? Ja, aber die Straße, an der das Haus liegt, führt doch heute noch den Namen „Kloster-Straße“! Also doch ein Kloster? Versuchen wir, die Wahrheit festzustellen.
Die vielen Urkunden des Beeskower Stadtarchivs berichten nichts darüber. Auch Urkunden des ehemaligen Klosters Neuzelle schweigen darüber. 2 Diese wissen wohl von einer Verbindung zwischen der Stadt Beeskow und dem Kloster Neuzelle, nichts aber von einem Kloster. Als Papst Clemens VI. von Frankreich aus 1350 über einige märkische Städte (u. a. Frankfurt) und einige Klöster (u. a. Neuzelle) das Interdikt aussprach, weil sich diese dem Papst nicht gefügt hatten, wurde das Interdikt auch auf die Pfarrer (= Kirchen) in Fürstenberg und Beeskow ausgedehnt. Von einem Kloster vernehmen wir nichts. — Der Beeskower Bürgermeister Gotthilf Treuer im 17. Jahrhundert weiß in seinen „An- nales Beescowiensis“ auch nichts von einem Kloster. 3 — Auch in den chronikalischen Notizen des Bürgers Thormann' 1 um die Mitte des 19. Jahrhunderts findet sich darüber nichts.
Es war also ein Gerücht, das in der Stadt umging. Wie mag es zu diesem Gerücht gekommen sein? Man kann nur Vermutungen aussprechen. Die eine Ursache mag die Bauart des Hauses sein: Findlinge im Unterbau, dicke Mauern, tiefe Keller weisen auf das späte Mittelalter hin. Der Name „Kloster-Straße“ findet sich erst recht spät. Im Magistratsbericht 1714 ist dieser Name unter den Straßennamen nicht aufgeführt. 5 Im ältesten Stadtplan 1721 ist wohl die Straße zu erkennen, auch das Haus
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