die sich Fontane hier wie auch in anderen Briefen besonders kritisch ausläßt, bereits vor vierundzwanzig bzw. zehn Jahren verstorben waren.
Es sind zahlreiche Briefe, deren Text in dieser höchst aufschlußreichen Weise vervollständigt oder berichtigt worden ist, und darin namentlich liegt das große Verdienst der neuen Ausgabe. Die dankbare Anerkennung der respektablen Leistung der Herausgeber sei verbunden mit dem Ausdruck der Hoffnung, daß diesem ersten größeren Schritt auf dem Wege zu einwandfreier Wiedergabe Fontanescher Brief texte weitere Schritte folgen mögen.
— Dr. Joachim Krueger —
Der Briefwechsel zwischen Theodor Fontane und Paul Heyse. Hrsg, von Gotthard Erler, Berlin, Weimar: Aufbau-Verl. 1972. XXI, S. 80
Während die große Bedeutung des Realisten Theodor Fontane erst nach seinem Tode, ja, recht eigentlich nach dem zweiten Weltkrieg erkannt worden ist, trifft auf Paul Heyse fast das Gegenteil zu. Er vermochte zwar den frühen Ruhm, den er seit Anfang der fünfziger Jahre als Dichter genoß, etwa drei Jahrzehnte zu behaupten, sogar zu erhöhen, doch seit der berechtigten Kritik, die die deutschen Naturalisten an seiner wirklichkeitsfremden, politisch desinteressierten und oft schwächlich-glatten Formkunst geübt hatten, war „sein uferlos anschwellendes schriftstellerisches Werk [...] aus dem Zusammenhang der .lebenden“ Literatur aus- geschieden“. 1 Auch der Nobel-Preis, den H. 1910 als erster deutscher Dichter erhielt, konnte nichts daran ändern, daß man sich seit seinem Tode (1914) „weniger für seine Werke als schöne Literatur, aber dafür mehr für seine Theorie der Novelle und die soziologische Bedeutung seiner Werke“ 2 interessierte. Wenn auch seit 1945 einige seiner bekannteren Novellen in verschiedenen Ländern — von Japan über die USA bis hin zur BRD — wieder gedruckt wurden und sowohl in der UdSSR wie auch in der DDR Auswahlbände seiner Novellen erschienen (von den zwei in der DDR herausgekommenen hat die eine sogar zwei Auflagen erlebt), so hat sich doch die Forschung H.s weniger angenommen, Es gibt keine neuere zusammenfassende Würdigung, allerdings (mindestens) neun nach 1945 entstandene Dissertationen über H., die Spezialprobleme behandeln. Wie grundsätzlich anders es um die Beschäftigung mit Fontane steht, lehrt ein Blick in Joachim Schobeß’ Zusammenstellung von F.-Literatur 3 und die Ergänzungen dazu, die die „Fontane-Blätter“ laufend vorlegen. Doch diese Diskrepanz, die zwischen der Wirkung bzw. Nachwirkung F.s und H.s besteht, ist nicht das einzige Faktum, das diesen Briefwechsel zweier deutscher Schriftsteller der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einem interessanten und von so vielen Widersprüchen erfüllten Dialog gestaltete. Was den Briefwechsel, wenn auch mit mehreren längeren Unterbrechungen, in Gang hielt, das war vorab die menschliche und freundschaftliche Verbundenheit, die sich öfter in bereitwilliger Hilfe bewährte
63