und zu Dankbarkeit verpflichtete. Sie kann jedoch über die sich mehr und mehr verschärfenden Differenzen in den Lebens- und Kunstauffassungen nicht hinweg täuschen. So reicht denn die Skala ihrer Äußerungen übereinander (in ihrem Briefwechsel, aber besonders in den an anderer Stelle zu findenden Urteilen) von freundlicher, selbst hoher Anerkennung bis zu scharfer Kritik. F. wie auch H. sind sich dieser prinzipiellen Gegnerschaft bei aller Übereinstimmung durchaus bewußt gewesen, suchten allerdings die Gründe in einer mehr allgemeinen menschlichen Verschiedenheit oder sprachen doch nicht offen aus, daß dahinter Unterschiede in der sozialen und politischen Parteinahme standen. Denn H. war nicht nur der Liebling des sogenannten Bildungsbürgertums, sondern auch sein Sprecher, während F. sich zunehmend zu einem Kritiker der Bourgeoisie entwickelte, und zwar von einem progressiven Standpunkt aus. Das war letzten Endes gemeint, wenn F. 1878 an H. schrieb: „Wir sehen die Welt mit ganz verschiedenen Augen an“ (S. 134 dieser Ausgabe). H. hatte zwar im gleichen Jahr seinem Verleger Wilhelm Hertz gegenüber geäußert: „Er weiß ja, wie treu ich an ihm festhalte, und daß wir eben zwei sind, ist gerade das Schöne daran“ (S. 448; Hervorhebung von H.), stellte aber später in seinen „Jugenderinnerungen und Bekenntnissen“ in bezug auf F. fest: „Unsere Naturen waren allzu verschieden“. 4 Doch das politische Engagement im Schaffen des späten F. und das politische Desinteresse H.s beweisen zur Genüge, daß diese Worte eine nur vordergründige Argumentation darstellen.
Die Differenzen zwischen F. und H. begannen schon im „Tunnel über der Spree“, jenem 1827 auf Initiative von M. G. Saphir in Berlin gegründeten literarischen „Sonntagsverein“, dem F. seit 1844 angehörte und dem H. 1849 beitnat. 5 Die weitere Entwicklung ihrer Beziehungen ist gekennzeichnet durch das anfängliche Bemühen um gegenseitige Anerkennung, das jedoch einer fortschreitenden Entfremdung weichen muß. F.s Urteile von 1854 und 1859, worin Werke von H. denen Goethes an die Seite gestellt werden (S. 291, 300), finden noch 1873 und 1897 eine wenn auch mehr äußerlich anerkennenden Bestätigung: H. nehme unter den deutschen Novellisten den ersten Rang ein (S. 331), er gehöre der Literaturgeschichte an (S. 275). Doch hinter der Anerkennung des Erfolges entfaltete sich die Kritik. Schon früh (1854,55) fiel F. die „blasse Allgemeinheit“ an H.s Darstellungsweise auf (S. 281), aber auch, daß H. sich auf die Gestaltung des „Kleinlebens“ beschränkte und den „großen Dingen in Welt und Leben“ aus dem Wege ging (S. 295). Später erkannte F. dieses „Kleinleben“ als konstruiert, nicht der Wirklichkeit entsprechend (S. 299). Er erblickte 1872 in Gestalten aus einem Roman H.s Charaktere aus einem ..Kuriositätenkabinett“ (S. 323), denen die innere Entwicklung fehlt (S. 326 f.). Charakteristisch für F.s Kritik an H. und wohl nicht nur auf die eine Szene aus H.s „Der Roman der Stiftsdame“ anwendbar ist. F.s Wort aus dem Brief vom 27. 5. 1886: „Dem realen Leben entnommen ist es sicherlich nicht“ (S. 179).
Wenn also F. (denn das bildet den Kern seiner Kritik an H.) dem Freund Mangel an Realismus vorwirft, so laufen die Einwände H.s gegen F.s