Heft 
(1973) 17
Seite
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Werke auf das Umgekehrte hinaus. Es ist der Realismus vor allem des späten F., den H. verständnislos ablehnte, so bereitwillig er auch früher den Balladendichter anerkannt haben mochte (S. 4X6). Während er an F.s erstem RomanVor dem Sturm dieLiebe zur Scholle, zu jedem Sand­korn in dieser Scholle lediglich kompositorisch als nachteilig empfand (S. 447), sah er bereits inL'Adultera eineVerirrung von F.s Talent (S. 743). AnQuitt tadelte er die bloße Wiedergabe des Tatsächlichen, den Mangel anpoetischer Gerechtigkeit (S. 215), um schließlichDie Poggenpuhls alsanmutigen Klatsch abzutun und sich selbst über Elfi Briest mit kritischer Distanz auszusprechen (S. 527).

Obgleich indessen F. und H., zumal in den beiden letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts, als Schriftsteller durchaus verschiedene Wege gin­gen und F. sogar mit denselben Naturalisten sympathisierte, die H. be­fehdeten und verspotteten, ist H. dennoch der einzige namhafte Schrift­steller aus demTunnel über der Spree, mit dem F. zeitlebens in Ver­bindung blieb. Und schon insofern repräsentiert ihre Korrespondenz ein Stück Lebens- und Schaffensgeschichte.

Gegenüber der Ausgabe der Briefe, die Erich Petzet 1929 vorlegte, ist diese neue Ausgabe des leider nicht vollständig überlieferten Briefwech­sels nicht nur unter Rückgriff auf die Handschriften berichtigt und in einigen Einzelheiten ergänzt worden, sondern es ist Gotthard Erler auch gelungen, zwei weitere Briefe von H. und vierzehn von F. neu hinzu­zufügen, so daß nun 154 Briefe und Gedichte aus den Jahren 1850 bis 1897 vorliegen. Außerdem enthalten die Anmerkungen mehrere bisher unver­öffentlichte Briefe F.s an andere Personen. Besonders hervorzuheben sind das instruktive Vorwort des Herausgebers und der Anhang, der neben anderem Aufsätze F.s über H. und Rezensionen von Werken H.s bzw. der Aufführungen seiner Stücke bringt, darunter zwei bisher ungedruckte Aufzeichnungen von F. aus den Beständen des Theodor-Fontane-Archivs. Nur eines vermißt man: die Äußerungen H.s über F. in seinenJugend­erinnerungen und Bekenntnissen. Der Herausgeber benutzt sie zwar gelegentlich zur Kommentierung, doch wäre der geschlossene Abdruck des Abschnitts über F. im Anhang wünschenswert, da er gleichsam eine Antwort H.s auf F.s Ausführungen inVon Zwanzig bis Dreißig (hier S. 268275) darstellt. Es versteht sich, daß ein Register und Verzeichnisse der erwähnten Werke nicht fehlen, und es ist erfreulich, daß zwölf Ab­bildungen und etliche Faksimiles beigegeben wurden. Der dankbarsten Erwähnung aber ist es wert, daß die Brieftexte, selbst 234 Seiten um­fassend, in einem Anmerkungsteil von 163 Seiten erläutert werden, wo­bei dem Herausgeber nicht nur sein profundes Wissen, sondern auch sein Geschick im Suchen und Aufflnden auch des Abgelegenen zugute kamen. So entstand eine in mancher Hinsicht bereicherte und darum berechtigte und begrüßenswerte neue Ausgabe des Briefwechsels.

Dr. Joachim Krueger