Heft 
(1974) 18
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selbst das Amt des Sekretärs; davor und auch danach vertrat er gele­gentlich den zufällig abwesenden Schriftführer.

Die Pflichten und Rechte des Schriftführers, der gewählt wurde und meist ein Jahr oder länger amtierte, waren in den Statuten des Vereins vom 8. 4. 1835 genau geregelt worden. Erstens hatte sich der Schriftführer um die sogenanntenSpäne zu kümmern. So bezeichnete man im Verein die handschriftlich eingereichten Dichtungen, die die Mitglieder in der Regel selbst vortrugen und die dann in kürzerer oder längerer Debatte einer kritischen Beurteilung unterzogen wurden. Der Schriftführer hatte dieSpäne vor jeder Sitzung einzusammeln, sie im Protokoll zu registrieren und sie laufend zu numerieren. Nach der Sitzung mußte er dafür sorgen, daß die Manuskriptemundiert, d. h. von einem Schreiber sorgfältig abgeschrieben wurden. Das Original erhielt der Autor zurück, die Abschriften bewahrte der Sekretär auf, um sie jahresweise zusam­menbinden zu lassen 10 .

Zweitens oblag es dem Sekretär, das Protokoll derTunnel-Sitzung zu führen, es sauber niederzuschreiben und es gleich zu Anfang der nächsten Sitzung zwecks Billigung vorzulesen. Drittens hatte er zum Stiftungsfest, das jeweils am 3. Dezember gefeiert wurde, einen Jahres­bericht über die Tätigkeit des Vereins zu erstatten und gleichzeitig ein Verzeichnis der Mitglieder und der im Berichtsjahr vorgetragenen Späne zusammenzustellen. Viertens wurde von ihm verlangt, daß er zu Ende jeder Sitzung für den sog.Eisernen Fonds sammelte (der Eiserne Fonds bildete gleichsam eine Ergänzung zu den Beiträgen, die die Mitglieder zahlten). Fünftens war der Schriftführer natürlich für den allgemeinen Geschäfts- und Schriftverkehr des Vereins mitverant­wortlich und hatte jene Sitzungen des Vereins, die der Regelung organi­satorischer Angelegenheiten dienten (sog. Deliberationstunnel), vorzu­bereiten. Er war auch verpflichtet und berechtigt, die Aufnahmediplome mit zu unterzeichnen und zusammen mit demHaupt die Rechnungs­legung des Kassierers und den Bericht des Bibliothekars des Vereins entgegenzunehmen 1 *.

Was die Protokollführung angeht, die sicher das wichtigste Geschäft des Sekretärs darstellte, so schrieben die Statuten von 1835 vor, der Sekretär muß dafür sorgen, daß genau alle Vorkommenheiten und Beschlüsse des Vereins in dasselbe aufgenommen werden. Namentlich hat er die vom Haupte zusammengefaßten Urteile über die Späne bei jedem der­selben zu registrieren und die aus der Debatte sich ergebenden Haupt­motive kurz beizufügen 12 . Eine solche sachlich getreue Berichterstattung sollte das Protokoll jedoch in einer witzigen, ja, spritzigen Form dar­bieten. Denn der Verein hatte sich, dem Willen seines Begründers Moritz Gottlieb Saphir entsprechend, Till Eugenspiegel zum Schutzheiligen gewählt und hat das biedermeierlich harmlose Schelmentum, das Witz und Ironie liebte und in den Anfängen auch die närrische Gebärde nicht scheute, nie ganz verleugnet. Man wollte in diesemSonntags- Verein ernste Arbeit mit sonntäglicher Heiterkeit verbinden und bezeich-

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