zückte, das er in seinen meist literarischen Quellen vorfand. Denn die spektakulären Ereignisse und Gestalten Schottlands sind — stärker als bei anderen Völkern — in die Literatur, ja durchweg in die Weltliteratur eingegangen und daher noch heute populär.
Fontanes Interesse für Maria Stuart entzündete sich zweifellos an Schillers Tragödie. Shakespeare, dessen „Hamlet“ er schon in den vierziger Jahren übersetzt hatte, dessen Schauspiele er während seines dritten England-Aufenthaltes (1855—1859) auf den Londoner Bühnen aufmerksam verfolgte, muß ihn ebenfalls früh fasziniert haben, und das Macbeth-Land mit dem Schloß in Inverneß, mit der Hexenheide und dem Birnam-Wald glaubte er wohl aus Shakespeares realistischer Szenerie so gut zu kennen wie Ruppin und Swinemünde. In Edinburg und am Loch Katrine fühlte sich der begeisterte Leser von Walter Scotts Romanen, die er wie ungezählte seiner Zeitgenossen mit Begeisterung verschlungen hatte, genauso heimisch wie in der blutigen, geheimnisumwitterten Familiengeschichte der Hochlandsclane. Und schließlich kannte er auch „seinen Ossian“ recht gut, jene angeblich uralten gä- lischen Lieder vom Helden Fingal, mit denen der schottische Dichter James Macpherson in den sechziger Jahren des 18. Jahrhunderts die Öffentlichkeit mystifiziert und — ungeheuer beeindruckt hatte.
Theodor Fontane, 1819 in Neuruppin geboren, mit zehn Jahren fest entschlossen, Professor für Geschichte zu werden, war wohl von seinem Vater (der die Lektüre Scotts mehr schätzte als seinen Apothekerberuf) in diese literarisch-historische Welt eingeführt worden. „Um dieselbe Zeit“, erinnerte sich Fontane, „war ich ein enthusiastischer Zeitungsleser, focht bei Bourmont und Duperre in Algier, machte vier Wochen später die Julirevolution mit und weinte wie ein Kind, als es nach der Schlacht bei Ostrolenka mit Polen vorbei war.“ Die „Vorliebe für die Historie“ wuchs noch, seit er sich in die ihn nicht allzusehr fesselnde Kunst der Pharmazie einführen ließ und dann in Leipzig, Dresden und Berlin als Apothekergehilfe hinter dem Ladentisch stand. Er schrieb engagierte Vormärz-Gedichte, besang in virtuos gemachten Balladen preußische Feldherren und wandte sich — angeregt durch einen ersten Aufenthalt in London im Frühjahr 1844 — in besonderem Maße englischen Themen zu. Seine Ballade vom „Tower-Brand“ (1844), ein „gespenstisches Nachtstück“, machte „eine Art Sensation ... und entschied gewissermaßen über meine Richtung“, die mit dem Romanzenzyklus „Von der schönen Rosamunde“ schließlich zu einer der ersten Buchveröffentlichungen Fontanes führte (1850).
Vor allem drängten sich die schottischen Stoffe und Gestalten in die frühe Poesie. Mit den Maria-Stuart-Romanzen feierte er Triumphe im „Tunnel über der Spree“, mit „Maria und Bothwell“ schockierte er die prüden Spießer ebendieses literarischen Sonntagsvereins. Die Stuarts, die Hamiltons und Douglas waren die bevorzugten Helden seiner englisch-schottischen Verse, und in der Vertonung von Karl Loewe avancierte die Ballade von „Archibald Douglas“ zu jahrzehntelanger Berühmtheit. James Monmouth gar wurde Titelheld eines der frühen Versuche in