blutigen Ehrenhandel zu einer Schlacht, die gewöhnlich in ein Schlachten ausartet. Effektvoll, anekdotenreich und spannend berichtet Fontane, und er scheut sich nicht, immer wieder seinen Hauptgewährsmann Scott zu bemühen, ja er erzählt ausdrücklich einige von dessen Epen und Romanszenen in eigener Version nach oder legt sie einem der Führer in den Mund.
Auf diese Weise wertet er unansehnliche Schauplätze poetisch so anschaulich auf, daß der Leser sich tatsächlich in die graue Vorzeit zurückversetzt und nicht wenig „romantisch“ berührt fühlt. Nicht zufällig steht Abbotsford am Schluß des Buches. Das Schloß verdrießt ihn zwar, aber es bleibt doch die Stätte, „wo der Wunderbaum der Romantik seine schönsten und vor allem seine gesundesten Blüten trieb“. Dieses Bekenntnis zu einer „gesunden“ Romantik ist eine der Quintessenzen der Reise nach Schottland, das Fontane in diesem Sinne für das Mutterland echter, weil geschichtsbezogener Romantik hielt.
Diese bemerkenswerte Romantikkonzeption schützt Fontane auch vor einem sentimentalen Verhältnis zu den alten Gestalten, die er ja keineswegs unbesehen idealisiert. Er weiß sehr wohl jene Dutzende von „Clanschlachten der Rinder und Schafe stehlenden MacGregors“, die anachronistische Clanordnung der Hochlande, die sinnlosen Tapferkeiten, die Rauflust und das überempfindliche Ehrgefühl der Häuptlinge richtig einzuordnen. In einem Vortrag, den Fontane am 8. Februar 1860 in Berlin über „Das schottische Hochland und seine Bewohner“ hielt, rückte er den Clansleuten übrigens noch wesentlicher kritischer auf den Leib. Er apostrophierte sie unumwunden als „Raubgesindel“, gab weitere Beispiele für die „Auswüchse und Überschreitungen eines roman- tisch-chevaleresken Geistes“ und bezeichnete die Raufereien um Macht und Ehre zwar als poetisch, aber als historisch völlig gleichgültig. So schroff urteilte er in „Jenseit des Tweed“ nicht, und vielleicht war diese unterschiedliche Akzentuierung eine Ursache dafür, daß dieser Vortrag nicht ins Buch einging. Immerhin aber referierte Fontane in „Jenseit des Tweed“ genug „Akte raffinierter Bosheit“, in denen sich die Clansleute als Blutsbrüder jener „Seräuber zu Lande“ zu erkennen geben, als die Fontane wenig später in seinen „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ märkische Junker darzustellen beginnen wird.
In den Zusammenhang solcher historischer Berichte ordnen sich auch die scheinbar nebensächlichen Betrachtungen über zeitgenössische Vorgänge ein. Sogleich im ersten Kapitel fällt die Erwähnung einer „alten Lady in Trauer“ auf, die Fontane als die Witwe eines gerade in Indien gefallenen Kolonialoffiziers identifiziert, der „ihr einen geachten Namen und nichts weiter hinterlassen“ habe. Die kühle Distanz erklärt sich aus Fontanes sympathisierender Haltung zum Sepoy-Aufstand, der gerade in jenen Monaten die britische Herrschaft in Indien ernsthaft erschütterte. Ähnlich beiläufig bringt Fontane unmittelbar darauf über den Kellner in Johnstons Hotel den Befreiungskrieg des spanischen Volkes gegen Napoleon ins Spiel und bereitet damit das Stichwort Waterloo vor, das als Symbol einer historischen Entscheidungsschlacht leitmotivisch wieder-