„Von Edinburg bis Stirling“), die man als Hinweis auf die schon konzipierten „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ überaus ernst genommen hat.
Gewiß, Fontane empfand sich damals — mit schlechtem oder zumindest beunruhigtem Gewissen — als einen Konservativen, und er schrieb 1860 sogar an seine Mutter: „Wer den Adel abschaffen wollte, schaffte den letzten Rest von Poesie aus der Welt.“ Seit er Ende 1849 die Apothekerwaage mit der Feder des Publizisten vertauscht hatte, stand er in den journalistischen Diensten der konterrevolutionären Manteuffel-Regierung, die ihn 1852 und dann noch einmal 1855 als Korrespondenten nach England schickte. Von 1860 bis 1870 redigierte er den „englischen Artikel“ in der stockkonservativen „Kreuzzeitung“ in Berlin. Bismarcks Kriege von 1864, 1866 und 1870/71 sahen ihn als Berichterstatter, und in allen jenen Jahren wanderte er zugleich durch die Mark Brandenburg und beschrieb Land und Leute mit liebevoller Hand. Ein williger, unkritischer Mitläufer ist Fontane aber auch in dieser Zeit nie gewesen, und die Klagen über Preußens „poplige Unteroffizierswirtschaft“ verstummen nie, ja sie werden der Keim für die Entfremdung vom Adel, für die Kritik an Preußen, die dann seit den achtziger Jahren das erzählerische Werk Theodor Fontanes von „Schach von Wuthenow“ über „Effi Briest“ bis zum „Stechlin“ bestimmen. Ihm, dem „Verherrlicher alles Märkischen“, wurde „alles Märkische so schrecklich“, und er orientierte sich stärker und stärker auf den „kleinen Mann“ und fand schließlich, daß alles Interesse nur noch beim „vierten Stand“ ruhe.
Im Zeichen dieser späteren Entwicklung verblaßt die genannte Preußen- Stelle in „Jenseit des Tweed“, und nicht der gelegentliche Blick Fontanes von der Forth-Landschaft nach dem heimatlichen Havelland stellt die eigentliche Beziehung zwischen „Jenseit des Tweed“ und den „Wanderungen“ her, sondern die Technik der historischen Reportage, die „Mache“ des Reisefeuilletons, die Fontane in „Jenseit des Tweed“ erprobte, um sie in seinen „Wanderungen“ erfolgreich fortzuführen. „Jenseit des Tweed“ war eine wichtige Fingerübung für den angehenden Reiseschriftsteller Fontane, und die Reisejournalistik sollte ihrerseits zur entscheidenden Voraussetzung für den Erzähler werden, der als Reporter sein „Metier“ beherrschen lernte und überdies die vielfältigsten Anregungen für seine Romane aufstöberte. Dies bezeichnet den Stellenwrt von „Jenseit des Tweed“ in Fontanes Gesamtwerk.
Im Schottland-Buch ist der spezifische „Wanderungen“-Stil schon stark vorgeprägt: vom oft humoristisch gewerteten Eindruck der jeweiligen Reisestation leitet Fontane über eine einprägsame Landschaftsschilderung zielstrebig in die historische Anekdote, schließlich in Geschichte und Sage direkt über. Dabei gleitet die Darstellung ins Feuilletonistische, die Beschreibung wird in die Erzählung aufgelöst und erschließt neue Möglichkeiten der Aussage. So erhält beispielsweise die Begegnung mit dem englischen Ehepaar auf dem Dampfer, die zunächst auf einen unverbindlichen Spott auf das verdrießliche, ungleiche Paar angelegt scheint, durch das sozialkritische Lied von Robert Bums, das er den blinden Fiedler