Heft 
(1975) 22
Seite
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ableistet, bescheinigt ihm der Vater, daß er mit Eifer und Geschicklich­keit vom 1. Januar bis 1. Juli 1845 als Rezeptar in seiner Apotheke gearbeitet hat. 1 ' 1

Diese Darstellung des Vaters stimmt nicht. Theodor Fontane hat wahrscheinlich nur 3 Monate in der väterlichen Apotheke gearbeitet. Er bemerkt dazu selbst:'

Ostern 1845, nach Abschluß meines Militärjahres bei den ,Franzem, sah ich mich meinem eigentlichen Berufe wiedergegeben. Aber das Wie und Wo machte mir einigermaßen Sorge, denn der Rahm von der Milch war abgeschöpft, indem ich bis dahin immer nur Stellungen inne gehabt hatte, die für die besten in Deutschland galten. Ich konnte mich also mutmaßlich nur verschlechtern und ließ denn auch ein volles Vierteljahr vergehen, ehe ich mich wieder band. Erst zu Johanni trat ich in die ,Folnische Apotheke 1 , Friedrichstraße, ganz in der Nähe der Linden, ein,... 15

Dieses volle Vierteljahr, das Fontane vergehen ließ, verbrachte er in Letschin. Wer irrte sich? Irrte auch der alte Fontane bei der Abfassung der Zeugnisse? Nein! Louis Henry Fontane, zu dieser Zeit 52jährig, wird als ein geistig hochstehender vitaler Mensch, aufgeschlossen und an allem interessiert geschildert, sah er sich doch so mancheGeschichte an. Wenn er aber kurz nach den Aufenthalten seines Sohnes Theodor zeitlich falsche Zeugnisse ausstellte, so hatte er das wohl bedacht. Theodor Fontane hatte bis zu seinem Ausscheiden aus der Polnischen Apotheke in Berlin, Ende Juni 1846, rund 4V 2 Jahre als Apothekergehilfe in den verschiedensten deutschen Apotheken gearbeitet, als er sich entschloß, sein Examen zu machen. Das war aber nicht so ohne weiteres möglich, wie der folgende Auszug aus dem Prüfungsreglement vom 1. Dezember 1825 deutlich macht:

§ 6 Um die Zulassung zur Prüfung zu erlangen, müssen

c) die Pharmazeuten nachweisen, daß sie die Apothekerkunst ge­hörig erlernt und entweder 5 Jahre als Gehilfe gedient, oder wenigstens drei volle Jahre als Gehilfe serviert, und nach voll­ständiger Beendigung dieser Dienstzeit mindestens durch volle zwei Semester dem ausschließlichen akademischen Studium über Botanik, Chemie, Physik, Pharmazie und Pharmakologie fleißig obgelegen haben. 16

Da Theodor Fontane nicht studiert hatte, benötigte er also noch ein halbes Jahr Gehilfentätigkeit, um die geforderte fünfjährige Dienstzeit nachweisen zu können. Dieses Hindernis räumte ihm der Vater aus dem Weg. Er bescheinigte seinem Sohn auf beiden, von ihm ausgestellten Zeugnissen, eine um insgesamt 8 Monate längere Dienstzeit als die wirklich in der Letschiner Apotheke geleistete. Beide Zeugnisse ließ L. H. Fontane sich am 16. Juli 1846 in Küstrin amtlich bestätigen.

Der Prüfungszulassung des Sohnes Theodor stand nun nichts mehr im Wege, er konnte mit seinen Zeugnissen eine rund ö.^jährige Arbeitszeit als Gehilfe in den verschiedensten Apotheken nachweisen.

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