Heft 
(1975) 22
Seite
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§ 7

Die Übergabe des Grundstücks und der mitverkauften Mobilien ist nach dem Anerkenntnis beider Teile bereits erfolgt, und gehen vom 1. October dieses Jahres ab Abgabe, Lasten und Nutzungen auf den Käufer über.' r Louis Henry Fontane war gescheitert. Er zog nach Neustadt Ebers- walde und etwas später nach Schiffmühle in der Nähe von ,Bad Freien- walde/Oder, wo er vereinsamt starb. Sein Grab auf dem Bergfriedho) der Gemeinde Neutornow pflegen heute die Mitglieder des Freundes­kreisesTheodor Fontane aus Bad Freienwalde'Oder. 24

Theodor Fontane war inzwischen längst Berliner Bürger geworden. Er hatte im Oktober 1849 den Apothekerberuf endgültig auf gegeben und versuchte, als freier Schriftsteller zu leben. 1854 weilte er noch einmal für einige Tage zur Sommerfrische in Letschin. Mit Frau und Sohn besuchte er Mitte April die Schwester Jenny und den Schwager Hermann Sommerfeld. In einem Brief an Theodor Storm, geschrieben in Letschin am 17. April 1854, berichtet er darüber mit folgenden Worten:Seit 5 Tagen bin ich nun mit Frau und Kind hier: riesige Napfkuchen und blaue Veilchen, Sonnenschein und Glockenklang laben abwechselnd alle Sinne, und ich fühle ordentlich, wie ruckweise der Alp von Leib und Seele rutscht. Erst unter natürlichen, wohlhabenden, sorglosen und freien Menschen fühlt man so recht, welch ein stellenweis erbärmliches Leben man in unsern großen Städten und unter unsem kleinen, dürftigen Sechserverhältnissen führt. 25

Die letzten bekannten Letschinaufenthalte liegen in der Anfangsperiode seinerWanderungen durch die Mark Brandenburg. Auf einer Fahrt vom 23. bis 26. Mai 1860, die ihn von Freienwalde nach Seelow führt, machte er auch Halt in Letschin. 26 Zwei Jahre später unternimmt er noch einmal eine Exkursion, vom 23. bis 29. Juni 1862, die ihn über Küstrin, Frankfurt a./O., Schwedt, Angermünde, Neustadt-Eberswalde, Falkenberg, Bad Freienwalde/O. und Wriezen auch nach Letschin führt. 27 Ab und zu finden sich noch Notizen in Fontanes Aufzeichnungen, so als er Schwester Jenny in Letschin um die Sammlung bestimmter Quellen oder um Mitarbeit bittet, 28 als sicher ist auch anzunehmen, daß er einen Teil seiner Wanderungen für den BandDas Oderland von Letschin aus unternommen hat.

Spätestens im Jahre 1862 dürften aber dann die Verbindungen nach Letschin abreißen, denn in diesem Jahr verkaufte auch Hermann Sommerfeld die Apotheke. 29 Für Theodor Fontane endete damit das Letschinkapitel, das 24 Jahre umfaßte, ihm viele Anregungen- für sein späteres schriftstellerisches Schaffen vermittelte, die endgültige Trennung seiner Eltern und den Bankrott seines Vaters brachte.

Wenige Zeit später, Mitte der 60er Jahre, vernichtete ein Feuer die zeitweilige Wohn- und Arbeitsstätte der Familie Fontane und in Theo­dor Fontane auch die Erinnerung an Letschin. 500 m südlich der alten Apotheke wurde eine neue errichtet. Die Straße, in der sie erbaut wurde

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