Von der Höhe ertönte Das Horn der Hirtin,
Die droben am Hügel Die Herde bewachte Und erweckte den Mann Im waldigen Tale.
Er schaute auf und
Schritt dann schweigend zur Lichtung Um stille zu lauschen,
Als wieder erklangen
Die Weisen des Horns ... usw.
Nichts ist hier noch zu spüren von den bahnbrechenden neuen Elementen der Literatur, wie sie wenige Jahre später, ja eigentlich schon zu dieser Zeit von der jungen oppositionellen Kritik gefordert wurden (s. Gebr. Hart „Kritische Waffengänge“ 1882).
Das Drama „Germanen und Römer“ greift diese zentrale Thematik noch einmal auf, und während der Jenaer Studentenzeit (1882—1883) kommen noch ein Entwurf „Karl der Große“ und „Lykophron“ hinzu.
Im Sommer 1885 erscheint dann „Promethidenlos“, von dem Karl Bleibtreu erklärte, es „überrage“ an „Größe der Konzeption, Adel und Schwung der Sprache das verkrüppelte Knieholz der üblichen Poetasterei titanenhaft“. Dieses Urteil ist zwar von recht zweifelhaftem Wert, es ist wie viele Bleibtreusche Expertisen übertrieben und daher unsachlich, zeigt aber doch, daß Hauptmann nun mit seinem — noch recht unbekannten und eigentlich noch gar nicht vorhandenen — Werk präsent geworden war. Das Epos bildet einen gewissen Abschluß im „Schaffen“ des jungen Dichters, was den Inhalt als auch die sprachlichen Mittel angeht.
Es folgt nun, kurz nach der „Entdeckung“ Hiddensees, der große Umbruch im Leben Hauptmanns, die Übersiedlung nach dem Kurort Erkner, damals noch einsam am Rande unabsehbarer Kiefernwälder gelegen. Am 20. September 1885 zog Hauptmann mit seiner jungen Frau Marie, geb. Thienemann, in das Haus am Waldrand, das dem Rentier Nicolaus Lassen gehörte, und mietete dort die untere Etage. Hauptmann, der an den Nachwirkungen einer schweren Typhuserkrankung aus seiner römischen Bildhauerzeit litt, schätzt den Wert dieser, auf ärztlichen Rat erfolgten Übersiedelung so ein:
..Diesem Wechsel des Wohnortes verdanke ich nicht nur, daß sich mein Wesen bis zu seinen ersten Geistesleistungen entwickeln konnte, sondern daß ich überhaupt noch am Leben bin“, und „Ich weiß, daß die Flucht in die märkische Waldeinsamkeit meine Rettung war. Ich fühlte das bei jeder Wanderung, die ich unternahm, spürte es, wenn ich als einziger auf dem verlassenen Karutzsee Schlittschuh lief.“ 3
Diese Erkenntnis, zunächst einmal dem drohenden physischen Untergang, aber auch dem unendlich strapaziösen Leben der studentischen Boheme und der Ziellosigkeit entronnen zu sein, beherrscht ihn damals ganz,
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