obwohl die Sorge um die eigene Zukunft trotz des „Sich selber nur leben!“ des „Eislauf“-Gedichtes noch lange nicht überwunden ist. Sie klingt immer wieder einmal auf: „Ich rang mit dem Gespenst des Bluthustens. Es verfolgte mich überall. Stundenlange einsame Wege führten mich ... durch den Kiefernforst: mein Leben, meine Lage, meim fernere Möglichkeit zu überdenken die beste Gelegenheit. Oft mitten im Forst richtete sich das grauenvolle Gespenst vor mir auf. Zitternd nahm ich da etwa auf einem Baumstumpf Platz, einen Blutsturz und mein vermeintliches Ende erwartend.“ 4
Doch die Freude über das gesunde Leben in märkischer Waldeinsamkeit siegte letztenendes über Sorgen und Pessimismus, und als dann die ersten Freunde und andere Besucher kamen, als sich Familienzuwachs einstellte, war das Schlimmste überwunden.
„Hinter seiner Wohnung dehnte sich der Wald ... Es war damals das letzte Haus im Ort, schon halb im Walde, die Figuren des Biberpelzes bewegten sich im Halbdunkel um das verwunschene Lokal. Hinter den Fenstern aber brannte die blutrote Calunaheide ... Der schwere Duft von blühendem Labkraut drang ... in die weiten, ländlichen Stuben“, schreibt Wilhelm Bölsche.
Hauptmann trug sich mit Plänen, diese herbe Landschaft zu seiner zweiten Heimat zu machen. So veranlaßte er seine Freunde, mit ihm eine Nacht auf der Werlseeinsel zu verbringen, um, wie Bruno Wille schreibt, zu begutachten, ob „Hauptmanns. Plan, sich dort ein Haus zu bauen, keinen klimatischen Bedenken begegne.“ Auch der Schützenhügel unmittelbar am Ortsrand von Erkner war gelegentlich als Bauplatz im Gespräch. Doch aus diesen Plänen wurde nichts. Immerhin aber blieb das Erlebnis der Erknerzeit für Hauptmann so gravierend,,daß es immer und immer wieder in seinem dichterischen Werk wie in seinen brieflichen Äußerungen auftaucht. „Erkner, dem Ort, dem ich unendlich viel verdanke“, schrieb der Dichter noch 1936 auf ein Bild, das er dem Bürgermeister übersandte.
Das Landschaftserlebnis war so stark, daß Hauptmann 1942 in seiner Autobiographie „Das Abenteuer meiner Jugend“ mehrfach darauf zu sprechen kommt. So heißt es da beispielsweise:
„Unser Leben war schön. Natur und Boden wirkten fruchtbar auf uns.“ „Die märkische Erde nahm uns an, der märkische Kiefernforst nahm uns auf...,“, oder an anderer Stelle: „Mehr und mehr nahm ich die märkische Landschaft in mich auf und empfand ihre zarten Schönheiten.“ 5 Diese Zeugnisse vom Eindruck der Erkner-Landschaft ließen sich noch erheblich erweitern, ja sie gäben sogar Stoff für eine längere Abhandlung, wenn man noch die vielen Beispiele solcher Naturschilderungen aus den Novellen „Fasching“ und „Bahnwärter Thiel“ hinzunähme. Von gleicher, wenn nicht noch größerer Wichtigkeit für die Entwicklung des Dichters Hauptmann sind jedoch die Menschengestalten, die er in Erkner antraf und die er vielfach in seinen nun in rascher Folge entstehenden Werken auftreten läßt.
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