ein zweites Mal die Aufführung des Stückes im Königlichen Schauspielhaus und schrieb eine ergänzende Kritik, die wie immer in der „Vos- sischen Zeitung“ veröffentlicht, neben der Bewertung der übrigen Schauspielerleistungen, Paula Conrads Darstellung in gewohnter Weise gerecht wurde. 85
Das Ende des Jahres 1889 brachte auch Fontanes Abschied von seinem Parkettplatz Nr. 23 in der „Zug-Ecke“ 8 “, den er zwanzig Jahre lang als Berichterstatter für das Königliche Schauspielhaus innegehabt hatte. Er habe nicht die Absicht, um diesen Platz für sich privat zu ersuchen, da er nicht mehr oft ins Theater zu gehen beabsichtige, schrieb er an seinen Nachfolger Paul Schlenther: „Ich bin nicht ungern ins Theater gegangen, und wenn ich mal da war, habe ich mich immer amüsiert, auch wenn es scheußlich war. Fällt aber der Zwang fort, so werde ich von nun an wohl lieber zu Hause bleiben und meine Kenntnis am andern Morgen aus P.S.’s Bericht nehmen. Ich bin bereits so weit, daß ich am liebsten meine zwei Daumen drehe oder zusehe, wenn meine Frau Strümpfe stopft. Alles Strampeln abgetan ... “ 87
Daß Fontane dieses „Daumendrehen“ nicht lange beschäftigt haben kann, davon zeugt sein umfangreiches Spätwerk, der wertvolle dichterische Ertrag seiner letzten Lebensjahre. Sicher ist, daß die Beendigung seiner Kritikertätigkeit ihm mehr Zeit gewährte für seine eigentliche Aufgabe, die er sich und seinem Können stellte und daß er diese gewonnene Zeit nun doppelt zu nutzen suchte.
Die schwere gesundheitliche Krise, die ihn Ende 1891 befiel, schien seiner Schaffenskraft und seiner Lebensfreude ein Ende zu machen. „Von mir ist nicht viel zu sagen; ich gehe so allmählich ein und werde immer welker und magerer. Dazu beim Gehen immer in einem Schwindelzustand ... es' kann nichts mehr werden... ‘ <88 schrieb er an Georg Friedlaender, dem er von dem Vorhaben eines „Fontane-Abends“ in der „Freien Literarischen Gesellschaft“ berichtete, bei dem Schlenther einen Vortrag halten und seine Frau Paula Conrad Balladen rezitieren sollte. Auch die Vorstellung einer solchen Ehrung schien ihn nicht mehr zTT ermuntern: „... alles sehr nett und lieb und gut, aber es kommt ein bissei zu spät. Die rechte freudefähigkeit ist hin ... “ 89
Von dem Ausgang des „Fontane-Abends“, dem der Dichter selbst nicht beigewohnt hatte, konnte ihm seine Frau erzählen: „...und unter dem Berichte, den sie mir gab, fielen Alter und Krankheit auf Augenblicke von ihr ab. In all dem freundlichen, das sie hören durfte, lag so vieles, was sie beim Rückblick auf unser Leben hatte fühlen lassen: es war doch gut so, wie’s war. Seien Sie herzlich bedankt für das Bild in verklärendem Abendschein, in das zu blicken zu Frieden und Versöhnung stimmt und manches Schwere leichter zu tragen macht. Schönste Grüße und Empfehlungen an die teure und verehrte junge Frau. Mögen Ihnen beiden lange glückliche Tage beschieden sein.“ 90
Zu Fontanes Freude hatten Paula Conrad und Paul Schlenther im Sommer 1892 geheiratet. „Ein angenehmer Besuch, den wir empfingen,
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