liehe Ereignisse bewußt. Aber mehr als die Beschäftigung mit der „Aktenschmiererei“ gaben ihm am Wegrand aufgelesene Anekdoten, die nach seiner Meinung „das Beste aller Historie“ sind . 34 Er hielt sich lieber an Briefe als an Akten, weil sie „des Menschen Eigenstes und Echtestes“ geben: „All meine geschichtliche Schreiberei stützt sich im besten und wesentlichsten immer auf Briefe .“ 35 Gern zur Hand nahm er Memoiren und Autobiographien, die unter dem Eindruck des Geschehens geschrieben waren. Er griff nach jedem Stoff, gleichgültig wo er ihn fand, und war der Ansicht: „Der ,Volksmund‘ hat das Vorrecht zu lügen, soviel er will, es heißt dann ,Sage 1 .“ 36 Andererseits ließ er jeden Stoff fallen, der ihm nicht zusagte, wie die Potsdamer Schlösser und Gärten mit ihrem „Zug von Unfreiheit, von Gemachtem und Geschraubtem, namentlich künstlich Hinauf geschraubtem“ 37 In Briefen an Vertraute sprach er aus, „daß die freie künstlerische Behandlung des Stoffes um des künstlerischen Willens ein Recht der Existenz hat, auch wenn die strikte historische Wahrheit dabei in die Brüche geht .“ 38 „Das Poetische hat immer recht; es wächst weit über das Historische hinaus .“ 39
Die beste Quelle, aus der Fontane schöpfte — an die aber Berghaus nicht herantrat, da er während seiner Arbeit am Landbuch in den Archiven hinter Akten saß, — waren seine Wanderfahrten durch die Mark, die ihm bei seiner Neigung zum Gespräch durch persönlichen Austausch mit den Einheimischen das Beste für sein dichterisches Schaffen gaben. „Im Omnibus, im offenen Wagen rollt er an uns vorüber, auf dem leichten Pirschwagen geht es über Wurzeln und Stubben in den Wald hinein. An Bord eines Oderdampfers oder im Ruderboot, in einem Kahn, von Torfarbeitern durch das Luch gezogen oder durch die schmalen Wasserstraßen des Spreewaldes gestakt, auf einer Segeljacht bei frischem Wind an den Ufern der Dahme entlanggleitend, so zeichnet er sich gern selbst auf seinen Reisen durch die Mark .“ 40 Von diesen Fahrten brachte Fontane das Köstliche heim, das im Dichtwerk alles andere zurücktreten ließ.
Anmerkungen
1 Fontane, Theodor: Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Bd. 1: Die Grafschaft Ruppin. 1862. Bd. II: Oderland. Barnim-Lebus. 1863. Bd. III: Havelland. Die Landschaft um Spandau, Potsdam, Brandenburg. 1873. Bd. IV: Spreewald. Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow. 1882. Fünf Schlösser. Altes und Neues aus Mark Brandenburg. 1889 mit Personen- und Ortsregister für Bde. I—V. In: Theodor Fontane: Sämtliche Werke. München, Nymphenburger Verlagshandlung, Bde. IX—XIII. 1960. — Vgl. hierzu: Reuter, H.-H.: Fontane. 2 Bde. Berlin 1968.
2 Landbuch der Mark Brandenburg und des Markgrafthums Nieder-Lausitz in der Mitte des 19. Jahrhunderts, oder geographisch-historisch-statistische Beschreibung der Provinz Brandenburg, auf Veranlassung des Staatsministers und Oberpräsidenten Flottwell bearbeitet von Heinrich Berghaus. Brandenburg Bd. I 1854, II 1855, III 1856. 688 + 650 + 783 -f Register 95 S. = 1566 Seiten.