Eine große Rolle spielt bei Fontane der Bericht über das Verhalten des Stechlin, „wenn es weit draußen in der Welt, sei’s auf Island, sei’s auf Java, zu rollen und zu grollen beginnt oder gar der Ascheregen der hawaiischen Vulkane bis weit auf die Südsee hinausgetrieben wird. Dann regt sich’s auch hier, und ein Wasserstrahl springt auf und sinkt wieder in die Tiefe“. „Als das Lissaboner Erdbeben war, waren hier Strudel und Trichter und stäubende Wasserhosen tanzten zwischen den Ufern hin“ (W anderungen).
Eine durch seismische Erschütterungen ausgelöste Unruhe des Stechlin ist geotektonisch schwer erklärbar, denn der See liegt wie alle norddeutschen Seen in einem längst verfestigten Gebiet, das zudem durch eine starke Decke von Lockersedimenten überkleidet ist. Zu beachten bleibt jedoch, daß für den Zeitraum des Lissaboner Erdbebens (1. Nov. 1755) von vielen Stellen Norddeutschlands Meldungen über Bewegungen in Gewässern vorliegen. Für den Stechlin schreibt als erster Bratring in seinem Buch über die Grafschaft Ruppin: „Bei dem großen Erdbeben in Lissabon (1755) will man Bewegungen an ihm verspürt haben.“ Diese recht zurückhaltend formulierte Angabe ist bei K. F. Klöden, dem Direktor der Berliner Gewerbeschule und Lehrer Fontanes, schon etwas bestimmter ausgedrückt. In dem 1837, ein Jahr nach dem Abgang Fontanes von der Gewerbeschule, erschienenen 10. Stück seiner „Beiträge zur mineralogischen und geognostischen Kenntniß der Mark Brandenburg“ schreibt er unter Bezugnahme auf Bratring: „Auch in dem großen Stechlin-See, westlich von Fürstenberg, sind ähnliche Bewegungen beobachtet worden.“ Von einem dieser Autoren dürfte Fontane diese Angaben auf gegriffen und in dichterischer Weise weiter ausgeschmückt haben. Wie wir gesehen haben, sind die Nachrichten über diese Vorgänge recht unsicher. Dazu kommt, daß der See damals weitab von menschlichen Siedlungen (das benachbarte Neuglobsow wurde erst 1778 gegründet) gelegen und die Möglichkeit entsprechender Beobachtungen somit außerordentlich gering war. Bei den großen Erdbeben der neueren Zeit blieb der Stechlin jedenfalls ruhig. Dicht neben diesen Berichten steht die Sage vom roten Hahn, „der unten auf dem Grunde des Stechlin sitzt“. In seinen „Wanderungen“ läßt Fontane diesen roten Hahn mit seinen Flügeln schlagen, wenn man die Tiefe des Sees messen oder an Stellen fischen will, die ihm nicht passen, „bis es schäumt und wogt“, das Boot angreifen und kreischen und krähen, „daß es die ganze Menzer Forst durchhallt von Dagow bis Roofen und bis Alt-Globsow hin“. In seinem Roman aber bringt Fontane den roten Hahn mit den Erdbeben in Zusammenhang und läßt ihn bei besonders starken Beben statt des Wasserstrahles aufsteigen und laut in die Lande hineinkrähen. Dieser rote Hahn, heute in das Wappen der Gemeinde Neuglobsow übernommen, ist eigentlich Bestandteil der Minack-Sage. Ein Fischer Minack, so berichtet sie, hätte bei einem aufsteigenden Gewitter
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