danken / Seh rechts und links, zurück und vor, , In jedem Wind ich schwanken“). Aber er hat sich stets — und zwar stets engagiert — mit der politischen Wirklichkeit Deutschlands auseinandergesetzt, und er gehörte, auch wenn er es nicht wahrhaben wollte, zu den profilierten Vormärz-Lyrikern und den namhaften Publizisten der achtundvierziger Revolution. (Vgl. dazu die Textdokumentation „Der junge Fontane. Dichtung, Briefe, Publizistik“, herausgegeben von Helmut Richter, die 1969 im Aufbau-Verlag Berlin und Weimar erscheint.)
Einen begrüßenswerten Beitrag zur Besinnung auf diese Lehr- und Wanderjahre Theodor Fontanes leistet Helmuth Nürnberger mit seinem Buch über den „Frühen Fontane“. Der Titel ist ein wenig irreführend; denn es geht Nürnberger nicht um eine monographische Gesamtdarstellung Fontanes zwischen 1840 und 1860, sondern um dessen literarischpolitische Entwicklung unter dem Einfluß des England-Erlebnisses. „Wir sind“, schreibt der Autor, „unserer besonderen Problemstellung gefolgt; den Stoff gleichmäßig und erschöpfend zu behandeln muß einer späteren Darstellung Vorbehalten bleiben.“ Biographische Fakten treten daher teilweise zurück, teilweise werden sie — wenn es um die England- Aufenthalte geht — sehr ausgiebig und oft mit neuen Details ausgebreitet.
Die Resultate dieser Studie lassen sich an dieser Stelle natürlich nicht referieren; wir begnügen uns mit der Feststellung, daß Nürnbergers Bild vom „frühen Fontane“ im wesentlichen zu akzeptieren ist und daß es mit manchem Vorurteil und vielerlei Verzerrungen aufräumt. Hingewiesen sei nur auf die anregenden Parallelen, die Nürnberger immer wieder zwischen frühen Texten und späten Romanen zu ziehen sucht. Es ist bestechend, Fontanes erstes Prosabuch, „Ein Sommer in London“, mit bestimmten Aspekten der Berliner Romane in Verbindung gebracht zu sehen. „Aber mehr noch als für die Zeitgenossen“, bemerkt Nürnberger, „liegt der Reiz und die Bedeutung des Buches für uns Spätere nicht in der Berechtigung und Gegründetheit seiner Urteile. Wir lesen ,Ein Sommer in London“, wie das übrige Frühwerk, weil wir Fontanes Romane lesen und die Basis zu ihrem Verständnis zu verbreitern wünschen.“ Es ist erfreulich, daß Nürnberger nicht in ein neues Extrem verfällt und etwa den jungen Fontane überbewertet. Auch für ihn bleiben die Romane Fontanes gültige künstlerische Leistung.
Nürnberger differenziert seine Urteile sorgfältig, und er vermeidet alle pauschalen „Einsdiätzungen“ (ein Lieblingswort des Autors). Er stützt sich auf eine souveräne Kenntnis der Sekundärliteratur und gibt auch überall zu verstehen, wieviel sein Buch den grundlegenden Arbeiten von Charlotte Jolles verdankt, die seit Jahrzehnten — und weithin als einzige — die Forschung über den jungen Fontane repräsentiert. Vor allem
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