Heft 
(1885) 30
Seite
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Die Erbtante von Johannes van Bemalt.

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Beileibe nicht! Was würde man von uns denken; mit einem solchen Gefolge! Wir kämen da in eine üble Situation."

So bitten wir einen Konstabler um seinen Schutz."

Ja gegen wen denn, was will er machend Die Herren fahren ja nur hinter uns drein, dieselbe Straße."

Es ist unausstehlich! Ich bin außer mir."

Und liebes Herz, wir müssen es so machen, daß es den Herren nicht zun: zweiten Male einfällt, uns Zu inkommodiren."

Das ist leicht gesagt, aber Wied"

Ich denke eben alle meine Rollen durch, ob nicht irgendwo eine Entwicklung vorkommt, welche uns retten könnte."

O, in den Theaterstücken, da ist Alles Er­findung und Verstellung!"

Sie lachten, trotz der peinlichen Situation.

Es ist aber doch unglaublich," Hub Elisabeth dann wieder ernster an, in der der Zorn und die Entrüstung schnell wieder die Oberhand bekamen, daß zwei anständigen Damen, hier in einer Stadt wie D., so etwas passiren kann."

O! für die ferneren Male wüßte ich Rath, nur wollte ich, wir wären heute erst diese Unholde los."

Die drei Offiziere im zweiten Wagen hatten eine Wette gemacht mit den klebrigen: sie wollten es noch heute herausbekommen, wer die Damen waren. Bei Stephani hernach oder spätestens morgen, sollte dieselbe ausgetrunken werden. Sie fuhren darum so hartnäckig hinter den zwei Damen her, von denen sie nur die Hutfedern und Schleier erblickten, ein wenig animirt von dem genossenen Getränk und von der Jagd ans Edelwild. Plötzlich sahen sie, wie der vordere Wagen hielt, wie die Damen ausstiegen und in das Hotel Viktoria traten.

Aha!" sagte der Husar mit seinem selbstzu­friedenen Lächeln,nun haben wir sie fest."

Gelassen, denn sie hatten nun ja keine Eile mehr, warteten die Drei, bis der Kutscher den Schlag ge­öffnet hatte, und stiegen zur Erde. Sie bezahlten und gingen in das Hotel, Jenen nach.

Portier, es sind soeben zwei Damen hier ab­gestiegen," redete der Kümmerliche den goldbetreßten Portier an, der ihnen mit der ganzen Würde seines Standes entgegentrat.

Gewiß, mein Herr, dieselben sind ans ihre Zimmer gegangen."

Er Zog die Börse mit einiger Ostentation und fuhr mit seinem dünnen Sümmchen fort:

Ich möchte gern wissen, hm! . . . wer sind die Damen d"

Der Thaler lag schon in der hohlen Hand.

Der Portier schien zweifelhaft Zu sein er sah recht wohl, um was es sich hier handelte, der Kampf war aber nur kurz.

Frau von Bredau mit Cousine aus Berlin."

Ah! Sagen Sie hm! eine wirkliche Frau von Bredau d" Hier machte der Kümmerliche ein sehr vielsagendes Gesicht und trat zweimal von einem Fuß auf den andern.

Frau Majorin von Bredau," versetzte der Portier

noch einmal mit Würde, wohnt seit Mittwoch hier, erwartet ihren Gemahl zurück, der sich ankanfen will, und erhält Besuche von Personen ans den höchsten Ständen."

Ah!"

Er guckte sich um, der Husar sah ziemlich ärger­lich drein, der Schöne zog an seinem Barte.

Hier nehmen Sie, danke Ihnen."

Darf ich um Ihren Namen bittend"

Thut nichts zur Sache . .. 'n Abend."

Damit machte er Kehrt und rasselte mit den Uebrigen hinaus, während der Portier und der kleine Ausläufer in seiner blauen, mit Knöpfen besäten Jacke ihnen spöttisch nachsahen.

Ein Goldstück in der Hand, waren nämlich kurz vorher zwei Damen in das Vestibül getreten, ein Portier hat für so etwas gemeiniglich einen scharfen Blick.

Wir werden von Zudringlichen verfolgt," hatte die Eine derselben ihn angeredet.Hat dieses Hotel einen zweiten Ausgang d"

Der Portier zog höflich die Mütze, denn er fühlte das Goldstück bereits in seiner Hand.

Sehr wohl, meine Damen."

Man folgt uns auf den Fersen, ich bitte schnell."

Treten Sie gefälligst hier herein."

Er öffnete eine Thür und schloß dieselbe nach einem Blick nach rückwärts schnell hinter sich zu.

Sagen Sie den Herren, wenn sie fragen sollten, irgend einen beliebigen Namen, weisen Sie sie streng ab," sprach Elisabeth mit Würde, im Innern empört darüber, daß sie vor jenen Unverschämten flüchten mußten.

Drei Offiziere," ergänzte Marie.

Bitte, hier über den Hof und dann gerade die Allee hinunter."

Ich danke."

Sie hatten rasch die Nebenstraße gewonnen, beide Mädchen schritten dieselbe Arm in Arm, fest aneinander geschmiegt, eilig hinunter.

Der Portier sah ihnen nach, betrachtete dann im Vorüberschreiten an den Gasflammen sein Goldstück und trat rechtzeitig genug in das Vestibül, um den Verfolgern Rede und Antwort zu stehen. Als Jene hinaus waren, lächelte er still in sich hinein, griff dann großmüthig in die Tasche und gab dem Aus­läufer in Husarentracht ein Fünfgroschenstück.

Die beiden Freundinnen waren mittlerweile schnell die Straße hiuuntergeeilt, hatten einen Arbeiter um Auskunft gebeten und waren dann links ab­gebogen. Sie begegneten einer leeren Droschke, stiegen hinein und fuhren nach dem Hotel Bellevue, immer in Angst unterwegs, jene blauen Uniformen wieder hinter sich Zu erblicken.

Sie gelangten aber unangefochten dorthin und konnten sich in ihren sicheren, behaglichen Zimmern nachher von ihren Abenteuern und der überstandenen Angst erholen.

Der Vorfall hatte übrigens noch ein kleines Nach­spiel: am nächsten Morgen gab es eine eigenthüm- liche Ueberraschnng zum Frühstück: im D. Kurier fanden sie ein Eingesandt. Es wurde darin von irgend einem der Augenzeugen den übergalanten