Heft 
(1885) 31
Seite
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Deutsche Noman-Bibliothek.

Die Tante?! ... in.. ."

Verstehen Sie mich nicht falsch, sie martert sich, weil sie Ihnen so viele Unkosten und Unbequemlich­keiten verursacht und keine Ahnung hat von den hiesigen Verhältnissen, den Preisen und dem Geld­werth."

Der schmale Mund Karola's verzog sich aus eine eigenthümliche Weise, so daß die Zähne sichtbar wurden, aus ihren Wangen brannten zwei verrätherische rothe Flecke.

Die Tante ist sehr gütig, Fräulein Marie . . ."

Sie hat mich deßhalb beauftragt, mich mit Ihnen in's Einvernehmen zu setzen, sie selbst versteht nämlich davon noch weniger wie ich und bittet Sie, es offen heraus zu sagen, wenn Sie irgend welche Wünsche haben."

Karola war ganz verwirrt; sie vermochte cs kaum zu fassen, kaum daran Zn glauben, daß ihr das Schicksal so entgegenkam. Sie floß alsbald über von Dank und Versicherungen, und begann dann von Marktpreisen und theuren Zeiten zu sprechen. Sie verhaspelte sich nach Frauenart so sehr in diese De­tails, daß sie den Hauptzweck dabei aus dem Auge verlor. Sie erging sich in Klagen um Alles, was sie und die Ihren entbehren mußten, aber es fehlte ihr zuletzt doch der Muth dazu, einer Fremden zu sagen, daß ihr Vater so tief in Schulden stecke.

Marie, welche bemerkte, wie diese Litanei in's Endlose sich sortzog, nahm zuletzt ein Couvert aus der Tasche und übergab es Karola.

Es sind hundert Pfund hierin; hoffentlich reicht das Geld für einige Zeit, sonst seien Sie ganz offen, Fräulein von Steinfurt, die Tante gibt gern auch das Doppelte. Wie gesagt, bei ihrem großen Vermögen kommt es darauf gar nicht an. Ich bitte noch einmal im Namen Ihrer Frau Tante, alle Verwandten heute zu laden; sie möchte sie sämmtlich einmal um sich haben," fügte sie dann hinzu und erhob sich.Natürlich ohne alle Um­stände. "

Man gab sich die Hände und trennte sich; das Couvert an ihre freudlose Brust gedrückt stand Karola da und sah dem hübschen Fräulein nach, dessen rosa Morgeukleid durch das Grün der Büsche schimmerte, dann seufzte sie auf aus tiefstem Herzensgrund und begann das Kaffeegeschirr mit zitternden Händen zu­sammen zu räumen.

Zwanzigstes Kapitel.

Bei Stefani war es heute gegen Mittag außer­ordentlich belebt, die Gesellschaft war noch zahlreicher wie sonst versammelt, und es gab erhitzte Gesichter. In der uns bekannten Hinterstube saßen die Herren, welche gestern Abend dafür oder dawider gewettet hatten, daß Herr von Pfeil es herausbekommen würde, wer die beiden fremden Damen waren, die sie so eklatant hatten absallen lassen, sie tranken jetzt die Wette aus. Der kümmerliche Reiteroffizier mit den lebhaften schmalen Augen und der durchdringenden Stimme hatte zwei Zeugen, es waren eine Majorin von Bredau aus Berlin und deren Cousine sie hatten sie verfolgt bis in ihre Höhle, die

Pantherkatzen der Assessor war mit unter den Zahlenden, aber noch nicht zur Stelle; man erwartete ihn mit einiger Sehnsucht.

Vorn saßen die übrigen Gäste und frühstückten und unterhielten sich lebhaft, und das Thema aller Gespräche bildete natürlich der Artikel im Kurier.

Die Meinungen gingen sehr auseinander:

Na, meine Herren, ich will euch 'mal was sagen," sprach ein älterer Premierlieutenant mit einem schwarzen, martialischen Vollbart,wundern thut es mich nicht, daß endlich 'mal den Leuten die Geduld vergeht, denn Einige von uns treiben es wirklich arg mit diesen Courmachereien..."

Zugegeben, Herr von Hangen, aber das ist kein Grund, Einen so vor die Oessentlichkeit Zn Ziehen," ries ein Anderer erregt dazwischen.

Ja, dem Kerl, dem Redakteur muß man auf's Dach steigen!"

Sie sind etwas kurzsichtig, Graf Igstadt," ver­setzte der Premierlieutenant trocken,sonst würden Sie bemerkt haben, daß der Redakteur völlig unschuldig ist an dieser allerdings sehr fatalen Geschichte das Inserat steht unter dem Strich, rührt also von einem Einsender her."

Ganz egal, daun durfte er es nicht aus­nehmen."

Wüßte nicht, wie er das hätte machen sollen."

Vaumbach hat völlig Recht," mischte sich hier­ein älterer Herr in's Gespräch, der eben sein kleines Frühstück beendet hatte,diese Attaken da oben sind, unter uns gesagt, ein Aergerniß ... Ich habe schon vielfach und von den wohlgesinntesten Personen dar­über klagen hören. D . . . . ist eine Fremdenstadt; die Herren, die dort oben und an anderen Orten thun, als wäre jedes hübsche Gesicht eine gute Beute, sollten doch Zweierlei bedenken: einmal, daß sie in Uniform sind und sodann, daß sie gar nicht ahnen können, wer Alles sie und ihr Benehmen beobachtet und beurtheilt."

Na, dieses Mal sind sie gut angekommen!" spottete ein Anderer.

Ganz richtig, und die Sache kann sehr üble Folgen haben, wenn der Major von Bredau, der Gatte der einen Dame, durch jenes Inserat erfährt, wer die Herren waren, die die Seinen einer so liebenswürdigen Beachtung für Werth hielten."

Jetzt trinken sie drüber Champagner; die sauren Gesichter werden aber schon Nachkommen."

Ganz egal, aber das Inserat.. . Der Kerl, der Redakteur, der muß Eins dranfkriegen, denn sonst hörte ja Alles auf!"

Lieber Graf, ich will Ihnen etwas sagen.. . Machen jetzt so aus jeder Mücke 'neu Elephanteu, wenn es uns angeht, diese demokratischen Blätter."

Zieht nicht, ist gar kein demokratisches Blatt."

Graf Igstadt hat Recht, denn wenn es Mode würde, daß es jedesmal in die Zeitungen käme, wenn Jemand von uns sich einfallen läßt, ein hübsches Frauenzimmer anznsehen, das wäre ja noch schöner, dann hörte ja aller Spaß auf!"

Beim Ansehen ist es leider nicht geblieben..."

Wenn auch .. . der Offizier, der sein Leben vor dem Feinde lassen muß, hat gewisse Vorrechte."