Heft 
(1885) 31
Seite
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Die Erbtante von Johannes van Deivatt.

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Hat er auch, hat er auch!" riefen Mehrere Zugleich.

Hat er auch," bestätigte ebenso der Premier- lieuteuant,nur nicht nach dieser Richtung. Ich finde nur dieses Anstarren und Ansprechen von Damen weder passend, noch chevaleresk; man denke doch nur einfach, es passirte das in einer andern Stadt unseren eigenen Frauen oder Schwestern."

Sehr richtig!"

Und was das Andere anbetrifft, liebe Freunde, wir lassen unser Leben vor dem Feinde, Von

das ist unsere verfluchte Pflicht und Schuldigkeit, das ist unser Berus, aber Andere thun es ebenso gut, deren Beruf es eigentlich nicht ist; die dürften dann dieselben Vorrechte usurpiren und da möchte daun die Terrasse bisweilen und namentlich bei den Laudwehrübungen einen recht interessanten Anblick gewähren."

Nun, im klebrigen, meine Herren," mischte sich hier ein Adjutant von der Kommandantur mit leiser Stimme in die Rede;unter uns, die Herren da oben sind ganz der Meinung unseres verehrten Premiers; es wird ein kleines Donnerwetter geben, denn jenes Inserat hat an höchster Stelle sehr verdrossen."

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Jm Hinterzimmer hatte sich mittlerweile auch der Assessor von Steinfurt eiugefunden, sehr übler Laune, denn er sollte den Autheil an der verlorenen Wette bezahlen und hatte kein Geld, da er Alles wieder verspielt hatte; wie gewonnen, so zerronnen,

und vor Allem weil sein Chef ihn ans den Mittag zu sich, in seine Wohnung bestellt hatte. Das hatte natürlich etwas zu bedeuten.

Ueberdieß, jenes Inserat sein Name war Plötzlich in aller Leute Mäulern.

He! wo stecken Sie denn, Neffe der famösen indischen Tante!" ries man ihm Zu, als er herein­trat und die Akten und den Hut in eine Ecke schleu­derte.Wir mußten anfangen ohne Sie."

Meinetwegen," erwiederte Jener und fuhr sich durch das Haar.

Wie der Mensch aussieht!" spottete Jemand.

In der That, der ehemalige Diplomat sah heute ganz besonders übel aus, sein Gesicht entstellt durch inneren Zorn, der selbstsüchtige Zug um seinen schmalen Mund, mit den defekten Zähnen, noch hervor­tretender wie sonst, die Augen eingesunken, die Haut­farbe blaß, beinahe grünlich und dazu selbst der Anzug in Unordnung.

Na, setzen Sie sich hieher und ärgern Sie sich nicht; wir sind Alle über Nacht zu Berühmtheiten geworden."

Dem Hund von Redakteur gedenke ich's!" platzte Steinfurt heraus,dem schlage ich die Fenster ein."

Recht so, dann bekommen Sie die Rechnung," rief die dünne Stimme des Lieutenant von Pfeil sehr vergnügt und ließ ein kleines, gellendes Aus­lachen hören.

Trinken Sie, Steinfurt.. . trinken Sie!"

Für nachher zu meinem Chef besohlen," brummte der Assessor und stürzte schnell Zwei Gläser hinunter, und mein Alter ist im Stande und enterbt mich; er ist in einer geradezu scheußlichen Wuth."

Na, dann heirathen Sie die Tante auf den Abbruch."

Bei der Erwähnung seines Vaters hob Lieutenant von Rothkirch das eine Auge. Er hatte nämlich vorhin einen Brief bekommen, er steckte jetzt vorn in der seidenen Brusttasche seines Attila, worin Frida von Steinfurt ihm die unerhörtesten Dinge sagte,

ein wahrer Feuerbrand an Eifersucht, diese magere junge Dame!

Rothkirch nahm es kaltblütig er hatte einen guten Stoff zum Ausreden: er hatte ihrem Bruder sein Wort gegeben, sie in Ruhe zu lassen, mußte ihr entsagen, wegen Mangel an Fonds, die reine Verzweiflung nur hatte ihn getrieben, auf die Terrasse zu gehen.

Welch' ein hübscher, bequemer Grund, die Sache abzubrechen! Der Husar, sanft geröthet, betrachtete tiefsinnig seinen gelben Siegelring und dann die auf­steigenden Perlen in dem hohen, schmalen Glase.

Na, Prosit!" sprach er plötzlich, nickte dem Assessor Zu und trank.Also Sie sollen auch gehunzt werden?"

Sprechen Sie mir nicht davon, ich bin in einer kaum beschreiblichen Laune," versetzte Jener verdrießlich.

Ist auch kein Wunder ... so abzusallen!" spottete der Graf.

Bei der schönen Frau von Bredau," krähte der Magere.

Können sich gar nicht wieder da oben blicken lassen."

Kriegen am Ende noch Skandal mit dem Gatten."

Und noch bezahlen müssen obendrein und aus- gehunzt zu werden!" Sie fielen Alle über ihn her;

er sah sie an, Einen nach dem Andern, zuckte mitleidig die Achseln und schenkte sich ein neues Glas ein.

Nach einer Weile guckte Egon herein und rief seinen Bruder heraus. Der Vater schickte ihn, ihn nach Haus zu holen. Der Dragoner sah sehr ernst aus: er hatte soeben den Dagomar verkauft. Er sprach kein Wort und machte seinem Bruder nicht den leisesten Vorwurf, denn seine Gedanken be­schäftigten sich fortgesetzt mit dem Pferde. Was wurde nun? Wovon sollte er existiren, wenn er keinen Gaul mehr hatte?!. . .

Er hatte seine Pflicht erfüllt gegen seinen Vater, aber mit welchen Opfern! Er hatte die Henne geschlachtet, welche die goldenen Eier legte, was nun kommen würde, war ihm unklar.

Egbert sprach und beklagte sich in Einem fort unter­wegs, er hörte ihn kaum. Zu Hause angekommen, ging er nach dem Stall und gab dort einen Befehl. Der Dragoner machte ein großes, erstauntes Gesicht, daun aber dachte er an das Halftergeld, was für ihn abfiel, und blickte freundlicher.

Der Dagomar wurde herausgezogen, eingehend inspizirt und geliebkost. Er wurde dann geputzt und gewaschen und kaum war das geschehen, so kamen drei Herren, ein Offizier und zwei in Civil, mit grauen Hüten und langen, wehenden Bärten. Diese betrachteten das Pferd von allen Seiten, hoben ihm die Hufe auf, schauten ihm in Maul und Nase,