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Deutsche Noman-Bibliothek.
l'Hombretisch als Zuschauer und begann damit, denselben in eine Ecke zu ziehen. Der Rückkauf wurde perfekt um fünfhundert Mark Reugeld, und beide Theile waren zufrieden; Der, welcher das Geld erhielt, weil er ein schnelles lukratives Geschäft gemacht hatte und wegen der Entdeckung, die er heute gemacht, daß Dagomar ein Pferd fei, welches eine andere Führung brauche als die seine. Egon, weil er seinen Liebling wieder hatte.
Am nächsten Morgen begab sich der Dragoner zum Bankier, zog sein Geld und reiste nach Berlin. Wenige Tage daraus stand im „Sporn" die Nachricht, daß Lieutenant von Steinfurt dem Grafen Kramstein den berühmten Pierrot abgekauft habe, —- vom Boucanier aus der Nachtigall — daß derselbe um fünftausend Thaler in seinen Besitz übergegangen sei.
Von nun an standen neben den beiden Dienstpferden wieder zwei Renner dort unten im Stall, herrliche Thiere, welche dem Dragoner Arbeit genug verschafften und sein Stolz und seine Freude waren. Die Seinen waren erstaunt, wie Egon zu dem Gelde kam; er aber spielte dem Gebot der Tante gemäß den Schweigsamen. Als er Jener den Rest des Geldes aushändigen wollte, ließ sie ihn nicht vor, schickte aber ihre junge Dame, welche mit einem bezaubernden Lächeln erklärte, die Tante sei sehr zufrieden über die raoer8 und mache ihm das Uebrige zum Geschenk.
Vierundzwanzigstes Kapitel.
Trotz der warmen Jahreszeit, welche sonst die Menschen in's Freie lockt, war heute das Theater beinahe bis auf den letzten Platz gefüllt, denn man gab die Hugenotten, mit Herrn Siehr aus Wiesbaden als Gast. — Das große Haus mit seiner Fülle von Licht, seinen vergoldeten Logenreihen in Weiß und Grün, den prachtvollen Deckengemälden und dem glänzenden Publikum, welches aus Rücksicht für den Hof im Parket und in den beiden ersten Ranglogen in großer Toilette erschienen war, gewährte einen ebenso belebten, als zauberischen Anblick.
Die Ouvertüre hatte noch nicht begonnen, die Musiker stimmten diskret die Instrumente und in den Logen unterhielt man sich, als die Thüre einer Proszeniumsloge im ersten Range sich öffnete und zwei Damen im Hintergründe derselben sichtbar wurden, welche sich orientirten und vorn an der Brüstung Platz nahmen. Sie legten Gläser und Zettel nieder, zogen dann aber sogleich die Stores von grüner Seide empor, so daß fast nichts von ihnen zu sehen war im Publikum; die unbestimmten Umrisse eines Gesichts, ab und zu ein weißer Arm, welcher das Glas zum Auge führte, oder der Schimmer eines Hellen Gewandes.
Trotzdem sie sich aber so verbargen, waren die Damen jung und schön und niemand Geringeres, als die Erbtante, welche, die häßliche Puppe abstreisend, heute zum ersten Male als Schmetterling in's Theater flatterte — und deren Freundin.
Sie hatten heute Beide sorgfältig Toilette gemacht, als ob sie gefallen und gesehen sein wollten, und wenn sie jetzt Versteck spielten, so beabsichtigten !
sie weniger dem Publikum ihren Anblick zu entziehen, als den Künstlern, denn sie konnten nicht wissen, ob nicht Kollegen unter ihnen wären, alte Bekannte von Wien, Brünn, Bern oder Köln, welche ihnen Verlegenheiten bereiten konnten. Ihre Wangen waren geröthet unter einem Hauch von Veloutine und ihre Augen blickten lebhafter; das rasche Künstlerblut kam in ihnen in Fluß, als sie das Stimmen der Instrumente vernahmen und die animirten Zuschauer erblickten; sie hatten Beide ein wenig das Gefühl wie das Schlachtroß, welches die Trompete hört, — besonders Marie.
„Welch' ein prächtiges Haus!" sprach sie lebhaft vor sich hin, indem sie Platz nahm und mit einem Blicke das Ganze überflog.
„Schön — sehr schön!" bestätigte Elisabeth mit einem tiefen Athemzuge, einem Zwinkern ihrer dunklen Sammetaugen, ganz geblendet von dem Licht und dem Glanz überall.
„Mir geht's durch alle Adern!"
Elisabeth sah sie an und lächelte.
„Du stündest wohl lieber dort hinten an den Gucklöchern, als hier in der Loge zu sitzen?" fragte sie, ihr in's Auge sehend.
„Ja, beim Himmel, — es packt mich! ... Ich wollte den Leuten schon etwas Vorsingen; so recht aus Herzenslust. Aber hernach wollt' ich wie eine Fürstin, die eine Gunst gewährte, den Plunder abwerfen und wieder hieher zurückkehren," versetzte Marie mit Feuer. „Spürst Du nichts, Lisel?"
„Das schon; — so ein wenig pocht's hier auch," sprach diese mit einem Schatten wehmüthiger Erinnerung auf der klaren Stirn. „Lang, lang ist's her!"
„Vorbei! — Ja... Doch was schadet's, hattest auch Deine liebe Noth dabei..."
„Freilich, mein Liebling, aber trotzdem, um Vieles möchte ich die Erinnerung daran nicht missen," versetzte Elisabeth beinahe ernst.
Die Ouvertüre begann, hinter den Stores verborgen durchforschten die beiden reizenden jungen Damen mit ihren scharfen Augen und Gläsern das ganze Haus.
Ihnen gegenüber — sie saßen rechts — war eine Loge, in welcher sich nach und nach einige Kavallerieoffiziere einfanden, unter diesen entdeckten sie den Hübschen, einen von Denen, welche ihnen neulich Abends so lästig gefallen waren, — die Anderen nannten ihn den Beau — und Lieutenant von Roth- kirch von den Husaren. Letzterer lehnte träge in seiner Ecke und verbarg einige Male ein Gähnen hinter der vorgestreckten Hand. — Elisabeth und Marie machten sich gegenseitig auf dieselben aufmerksam.
In der großen Mittelloge saßen einige Herren vom Hofe, Kammerherren und Generale, auch etliche Damen, tief dekolletirt; Alle ein wenig im Hintergründe, wie Wandverzierungen, während die vergoldeten Sessel vorn noch leer waren.
Es kamen immer noch Leute; hie und da klopften die Sessel und wurden unfreundliche Blicke geworfen auf Solche, die zu spät kamen, anderen Leuten den ruhigen Genuß störten und sie derangirten. — Gegen Ende der Ouvertüre fvrack Marie ein leises: