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Deutsche Noman-Sibliothek.
Verbindungen machten jene Herren geschmeidig, sie zogen Erkundigungen ein: es war Alles richtig. — Nun rückten sie heraus, erst der Eine, und wenn dieser bezahlt werden mußte, dann der Andere, U, ohne daß ^ von v etwas wußte und so, daß immer ein Ueberschuß für den Diplomaten a. D. abfiel, und das trotz der bekannten pekuniären Lage des Vaters.
Eine hohe Dame sei sein Hinterhalt, ihr Vermögen die Quelle, aus der er schöpfte, deßhalb auch bat er, im beiderseitigen Interesse das tiefste Ge- heimniß zu bewahren, damit Niemand vor der Zeit Wind bekäme. Der Köder wurde begierig angenommen und so ging denn die Zwickmühle ihren flotten Gang, Zug um Zug sank der Gewissenlose immer tiefer in die Schuld jener Blutsauger, bis er endlich gezwungen war, sein Spiel zu decouvriren, bis ^ Zufällig mit u einmal darauf zu reden kam, trotz der versprochenen Geheimhaltung, und ihnen klar wurde, in welcher Weise sie hineingefallen waren.
Welch' ein furchtbarer Schrecken! Was nun machen? — Sie schnoben Wuth und Rache, aber die Summen, die sie vorgeschoffen hatten, waren zu groß, um dem schändlichen Betrüger so ohne Weiteres den Hals zuzuschnüren. Herr ^ bat sich die Ehre aus, und als Egbert dort ebenfalls Herrn U fand, ahnte er sogleich, um was es sich handelte, und wappnete sich. — Es gab eine furchtbare Szene: mit frechem, übermüthigem Lächeln ließ der Assessor den Sturm heranbrausen, sein Hohn über ihre Dummheit war die Antwort. Er freue sich, Tausende zu rächen, sagte er. Sie möchten ihn verklagen, dann bekämen sie hundert Thaler des Jahres von seinem Gehalt oder gar nichts, wenn er seinen Abschied nehme und nach Amerika ginge.
Die Sache war klar! — Nach der Wuth kam die Ueberlegung. So blieb denn nur ein Mittel übrig, die ultima, ratio — ihn zu verheirathen. Der Assessor hatte sie bisher verlacht mit ihren Vorschlägen und Anpreisungen und sie zur Thüre hinausgeworfen, wenn sie zudringlich wurden, ja, sie mußten ihm sogar noch Geld geben obendrein, sonst ging er auf und davon. — Er war eine Kostbarkeit für sie, die sie füttern mußten.
Nun kam aber der Umschlag, — es kam die Erbtante. Wenn die erfuhr, in welcher Lage er sich befand, so konnte das die schlimmsten Folgen für sie Alle haben, sein Benehmen wurde in Folge dessen ein bedeutend ängstlicheres; er fiel nicht wenig aus der Nolle. Und feine Gläubiger, kaum hörten sie voir der Ankunft jener Dame, so begannen sie auf das Unverschämteste Zu drängen, und als er ihnen mit Vorstellungen kam und sogar mit der Bitte, doch jetzt zu schweigen, da bekamen sie Oberwasser und drängten erst recht. Sicher ist sicher, dachten sie; die Erbtante ist auch vielleicht ein Schwindel, Vater und Sohn staken tief genug drin, um einen solchen in Szene zu setzen. — Sie kamen deßhalb mit ihrer alten Daumschraube: er sollte zahlen oder heirathen und sie dann ausbezahlen. Sie brachten ihm ein Fräulein Friederike Salomon, eine arme Waise mit einer Stiefmutter und hunderttausend Thalern baar; die sollte er freien oder ihre Geduld hatte ein Ende.
Er hatte sich natürlich geweigert zuerst, hatte wieder den Frechen gespielt, dann aber von Fortgehen und Todtschießen gesprochen und sich schließlich auf's Bitten gelegt. Alles umsonst, — seine Vampyre kannten ihn jetzt und seine schwache Stelle. Sie hatten ihm gedroht, sofort sich an die Tante zu wenden und diese um Zahlung anzugehen, wenn er nicht freite.
In Folge verschiedener Grade der Tortur hatten sie den Windigen fest gemacht, die Vorstellung zwischen dein Assessor von Steinfurt und Fräulein Niekchen Salomon hatte stattgesunden, in einer bekannten Familie. In Folge dessen war der Assessor im Theater in einer so aufgeregten und furchtbaren Laune. Fräulein Niekchen hatte Geld, aber sie war ein kleines, häßliches, sehr kleinstädtisches und arrogantes Frauenzimmer, mit großen braunen Glotzaugen und einer schiefen Hüfte, die heirathen wollte, um von ihrer Stiefmutter fort zu kommen, am liebsten einen Adeligen. Dazu nachher noch die Lobpreisungen der Herren und L: „Ist sie nicht ein schönes Mädchen?... Ist sie nicht ein feines Mädchen? Haben wir Ihnen zu viel gesagt, — können Sie machen ein größeres Glück?!"... Entsetzlich!
Egbert knirschte, aber wie ein scheues Pferd, das der Reiter eiugefangen hatte, bloß aus das Gebiß. Er sah hier nur einen Ausweg, — Marie.
Er hatte sich Bedenkzeit ausgebeten, etliche Tage nur, mit Mühe und Noth hatte er sie erhalten. Dießmal ging ihm das Wasser wirklich an die Kehle. Er fand nachher, — welch' glücklicher Zufall, die Gesellschafterin im Theater, er ließ alle Minen gegen sie springen, er war überzeugt, er hatte Eindruck gemacht. — Da man seine Begleitung ausschlug, eilte er nach Hause, um sich mit Karola zu besprechen. Sie sollte ihm Helsen, seinen Antrag anzubriugen.
„Nicht so stürmisch," warnte diese, „Du siehst heute übel aus, Egbert."
„Ich kann nicht länger warten!" fuhr er auf und platzte dann mit Fräulein Goldstein heraus.
Wie Karola erschrak! — Eine solche Verbindung, — das war rein unmöglich. Armer, unglücklicher Egbert! — Unter diesen Umständen stand sie natürlich davon ab, Marie Werner erst noch ein wenig nach Frauenart durch Lobpreisungen ihres Bruders vorzubereiten, sie versprach demselben bestimmt, sie wolle versuchen, ihm morgen schon ein Alleinsein mit Marie Werner zu verschaffen; — am bester: würde es gehen gleich nach dem Frühstück, unten in: Pavillon.
Es war eine etwas unruhige Nacht für Karola, besonders aber für den Diplomaten, dem: trotz seiner bekannten Anmaßung war er doch nicht ganz sicher, von der Dame erhört und angenommen zu werden. Seine Eitelkeit schlug aber zuletzt diese Bedenken siegreich aus den: Felde . .. Eine Gesellschafterin, eine so tief unter ihm Stehende, sie konnte doch unmöglich so verblendet sein, das Glück und die Ehre zurückzuweisen, welche er ihr bot: Frau von Stein- fnrt, seine Gattin zu werden. Was konnte ein Mädchen wie sie mehr verlangen!
Er verfiel in den gewöhnlichen Fehler solcher Emporkömmlinge, die einen Rang erlangten, ohne die schönen Pflichten desselben zu übernehmen: seine