Heft 
(1885) 35
Seite
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Deutsche Nornan-Sibliothck.

ein großes Fest in dem neuen, großen Hanse des Doktors, einem wahren Palais, hart am Ufer des Stromes. Die Kirche war znm Erdrücken voll, die eine Braut habe fünf Millionen und fei früher ein ganz armes Mädchen gewesen, erzählten sich die Leute, die mußte man natürlicherweise sehen, die mußte ja wohl ganz in Spitzen und Brillanten gehen. Sie fanden sich darin freilich getäuscht, wurden aber entschädigt durch die Lieblichkeit ihrer Erscheinung und durch die der andern Braut.

-A-

Hinter den Spiegelscheiben des Cafe Stephani saßen an einem Nachmittage im nächsten Sommer der Beau und der Kümmerliche und löffelten ihren Kaffee und langweilten sich über die Maßen.

Ist das nicht die Arnstein da drüben im Wagen?" fragte Ersterer, sein Glas einklemmend und hinaus- schanend ans die Straße.

Die Doktorin ja."

Lange nicht dagewesen?"

Nein."

Der Kümmerliche sah äußerst schlau drein.

Muß sich so was nicht zu Herzen nehmen. ... so'n hübscher Kerl wie Du. Hast's nur nicht richtig angesangen," sprach er.

Dummes Zeug! verbitte mir das," fuhr der Beau in die Höhe, sehr roth und zornig. Gleich daraus erröthete er aber noch einmal, denn zwei blonde Reiterinnen, geleitet von Zwei Kavallerie­ossizieren, kamen daher geritten aus dem Park und gerade aus sie zu. Das waren Lieutenant Egon und seine junge Frau, Marie Werner und Lieutenant von Baumbach. Der Beau versteckte sich hinter die Gardinen und sah sehr finster drein, der Kümmer­liche lächelte unendlich schlau und malitiös.

Was der Baumbach für eine stattliche Mähre reitet," sprach er, an seinem fadenscheinigen Bärtchen zupfend ...Apropos ... hast doch schon gehört... unser gemeinsamer Freund, der ehemalige Assessor... glücklich in Kalkutta angekommen. Wird Geldmensch,

Seuil

Abgetakelt und geskoopt.

Von

PH. Kniest.

Bilder aus dem Schiffer- und Seeleben, wie sie in letzter Zeit mehrfach literarisch zu Tage getreten sind, haben etwas Belebendes und Erfrischendes. Sie können nicht Phantasie­stücke, sie müssen immer aus der vollen Anschauung, aus dem frischen Leben geschöpft sein. Das verleiht ihnen einen ganz besondern Reiz. Wir sehen die gebräunte Hand, die sie geschrieben. Dieß Gepräge der Wahrheit und des Erlebten tragen auch die SkizzenVon der Wasserkante" (Bremen, Noussel), die uns namentlich Bremer Erlebnisse und Erlebnisse von Bremern und ihren Schiffen erzählen und unseren Lesern durch nachfolgende Skizze zu eigenem Einblick empfohlen werden.

*

hat die Erbtante hingeleitet.. . Kerl hat doch ein kolossales Glück!"

Der Andere blieb stumm, nahm nach einer Weile Säbel und Mütze und ging.

Egbert von Steinfurt hatte in der That eine Anstellung angenommen, welche Elisabeth ihm durch ihren Advokaten in Kalkutta verschaffte. In der Familie war man übereingekommen damals, die Ge­schichte mit der falschen Erbtante streng geheim zu halten, diese verschwinden zu lassen; man hatte deß- halb das Gerücht verbreitet, welches Lieutenant von Pfejl soeben berührte. Im Herbst heirathete Marie den Premierlieutenant von Baumbach, worüber sich alle Diejenigen trösten mußten, welche von ihr sich einen Korb geholt hatten. Sie blieb so in der Nähe ihrer Freundin und war eine sehr reizende junge Frau.

Seit Geld im Hause war, fanden sich auch Freier ein: so heirathete Frida im nächsten Frühjahr, nach­dem der phlegmatische Rothkirch noch immer keine Anstalten machte, bloß um diesen zu ärgern, den Beau, während Karola so lange bei ihrem Vater blieb, bis dieser, kurz nach Frida's Hochzeit, gestorben war. Es schien, als könnte der Mann, welcher so lange Ketten geschleift hatte, die Freiheit nicht er­tragen, er kränkelte seit Egon's Hochzeit schon und siechte langsam in's Grab.

Sehr glücklich lebten der Doktor und seine reizende junge Frau, ohne Prunk und Ansprüche, er, seinem Berufe obliegend, sie, ihm die Stirn mit Rosen be­kränzend. Der Abend versammelt gar häufig alle die lieben Freunde und Verwandten in ihrem schönen Hause oder auf der Terrasse zu einem frohen Mahl, und dann lärmt eine lustige Kinderschaar bereits um sie herum, die mit jedem Jahre zunimmt.

In der Stadt nennt man Frau Arnstein heimlich die Erbtante, denn trotz aller Vorsichtsmaßregeln ist ein Schimmer der Wahrheit in das Publikum ge­drungen, sie erfreut sich aber dabei der allgemeinsten Liebe und Achtung.

l e t o n.

Der Bvden des Meeres ist übersät mit vielen Tausenden gesunkener Schiffe, die einst reiche Ladung und Hoffnung, Leben und Liebe in sich bargen. An den Küsten, auf den Bänken und Riffen derselben starren, unheimlichen Gerippen gleich, die Ueberreste gestrandeter Fahrzeuge aus Schlamm und Sand und Stcingeröll hervor. Ihre Bewohner wurden entweder vom jähen Tode gerettet, oder sie trieben als entstellte Leichen an und fanden ein ungenanntes Grab im Flugsande der Jnsel- und Küstenfriedhöfe. Nur selten wird ein Schiff wegen Alters­schwäche abgesetzt und als invalide und doch noch zu gut zum Verbrennen einer prosaischen, aber höchst nützlichen Bestimmung als Hulk oder Dampfschiffsanleger zugeführt, bis es doch schließ­lich das Ende seiner Tage erlebt und -- gesloopt: auseiuander- gehaueir, und als altes Eisen und Brennholz verkauft wird.

Selten genug auch ist's Seeleuten vergönnt, ein beschau­liches und behagliches Alter Zu erleben; nur zu oft sinken sie, entronnen den Gefahren der See, von Krankheiten zerschlagen, dm schmerzhaften Folgen ihres anstrengenden Berufes, in ein