Heft 
(1885) 37
Seite
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Deutsche Noman-Bibtiothek.

und Galle tauchen, seine Gegner vernichten, ha, das Universum in Schrecken zu setzen! Was ist da­gegen Liebessreude, die billige Eroberung eines wankel- müthigen Frauenherzens?!"

Und dennoch setze ich mein Blut dasür ein, By," rief Mathews,daß Du durch gereimte Liebes- seufzer unsterblich wirst."

Karten und Würfel!" befahl ablenkend der junge Stockaristokrat, der damals von der Laufbahn eines Fox, eines Chatham träumte.

Kaffee und Liqneure wurden servirt. Man begab sich aus dem Speisesaal in das Spielzimmer, einen modern hergerichteten, mit rother Seide ausgeschlagenen Raum.

Wie traumwandelnd folgte Adonis.

Darf ich für Sie pointiren?" fragte ihn der Herzog von Dorset.

Keine Antwort erfolgte.

Während der Vorbereitungen zum Hazardspiel erkundigte sich Harrison bei den ihm Zuuächststehenden: Und wie steht es mit unserer projektirten Aufführung der Machet"

Mit AM,« antwortete man einstimmig,all' Zeit auf dem Posten, Herr Regisseur."

Wären nur die verwünschten Stichwörter nicht," klagte Skrope Davies-,sie waren schon in Harrow meine b6t68 noires."

Findet sich Alles während der Proben ... Ich lasse uns einen gewandten Souffleur aus London kommen," tröstete der Mime.Ed," wendete er sich an Cornelis,es bleibt doch dabei, Du spielst"

Die thränenreicheHeldin, gewiß," nickteEdlestone.

So bliebe nichts Zn wünschen übrig! Es soll eine Vorstellung werden wie zu Shakespeare's Zeiten, wo schöne ^oMgLtorL die Desdemonen, Julien und Käth- chen gaben"

Und zum Nachspiel zechen wir gleich den Un­sterblichen in der Taverne ,zum Meermädchen'," lachte Cläre.

Halt, noch Eins," fügte Harrison lebhaft hinzu, noch ist die Zweite Frauenrolle nicht besetzt."

Potz Mohren und Mehlkuchen, das ist wahr!" bestätigte Fechtmeister Jackson, der soeben ein Exemplar des besagten Ionng'schen Trauerspiels aus der Brust­tasche Zog und seine Statistenrolle überflog.

Dürfte uns nicht Sir Kaled aus der Verlegen­heit helfen?" wendete sich Harrison bittenden Tones an Adonis.

Ich bitte, verschonen Sie mich mit dem Autor der ,Nächte'," entgegnete der Widerspruchsvolle, warum spielen wir nicht Shakespeare? Lady Mac­beth würde mir Zusagen. . . auch allenfalls Kleo- patra .. . nur nicht solche Mädchenrollen, worin ge­girrt, geschmachtet, geduldet wird... uff!" Die Medusenlocken aus der Stirne schüttelnd, welt­verachtende Blicke austheilend, entwich das misanthrope Sammetröckchen in eine Fensternische, Zu den Regen­wolken emporstarrend.

l?n1t68 V08 skux, N688i6ur8," klang es vom Spieltisch her. Gold- und Silberstücke rollten über die grüne Decke.

Falkland und Wingfield, welche ein Gelübde ab­gelegt hatten, nicht mehr der Spielwuth zu fröhnen,

setzten sich an den mit Blattpflanzen ausgefüllten Kamin und erzählten sich gepfefferte Garnisons­geschichten.

Edlestone notirte das Thema einer altenglischen Ballade in sein musikalisches Merkbüchlein, ohne durch die Hausen Banknoten und klingender Münze in Versuchung geführt zu werden.

Man spielte ein wahrhaft infernalisches Roogo et noir. Lord Byron verlor wie gewöhnlich, scheinbar war ihm dieß gleichgültig, aus Stolz und falscher Scham verbarg er seinen Kameraden die eigenen, finanziell Zerrütteten Verhältnisse, aber immer drohender wuchs die Last seiner Schulden ihm über's Haupt. Prozeß über Prozeß verlor er gegen die­jenigen, welche ihn in seinen Rechten als Besitzer von Rochdale und Newstead verkürzten, mit seiner maßlos heftigen Mutter lebte er auf gespanntem Fuße, überdieß fehlte es ihr an Mitteln, ihm zu Hülfe zu kommen.

Betäubung daher, Betäubung! Das war seine Parole geworden, Betäubung Wein, Weib und Gesang!

Die materiellen Sorgen ließen sich allenfalls bannen.

Nicht also der Prometheusgeier, der mit scharfen Krallen die Brust dieses Ausnahmemenscheu zerfleischte, dieses jungen Titanen, der den Olympiern trotzen wollte, sich auslehnend gegen alles Bestehende. Nagen­des Weh bald hieß es unerwiederte Liebe, bald Eifersucht, bald ungestillter Ehrgeiz gönnte ihm keine Ruhe inmitten seinerNarrengilde", ja nicht einmal in Schlaf und Traum.

Sein Frühling war vergiftet.

Da geschah es denn oft, daß der Rastlose plötzlich den Spieltisch verließ und, wie soeben, in dunkle Korridore und matterhellte Galerieen hinansflüchtete.

Zu all' seinem Leid hatte sich in letzterer Zeit ein Aerger gesellt, ein gleichsam verschämter Aerger: Mathews, der einzige Sterbliche, dem sich Byron geistig unterordnete, in welchem er einen künftigen Mirabeau erblickte, Mathews, der Sieger aller ora- torischeu Kämpfe zu Cambridge, er war zum arkadischen Schäfer herabgesnnken, neigte sich einem unbedeutenden Waldblümchen, vertändelte Zeit und Weile mit einer Einfalt vom Lande!

Dem jungen Lord war dieß nnfaßlich und ver­ursachte ihm tiefere Kränkung, als Charles, dem alles Ueberreizte, Selbstsüchtige fern lag, es ahnen konnte.

Vor der schwarzen Rüstung des ersten Newstead- besitzers, Sir John Byron's, genanntder Kleine mit dem großen Bart", stand der Letzte seines Stammes und beneidete seine Vorfahren um die lustigen, wilden Zeiten, in denen sie gelebt und gesuchten hatten, besonders aber pries er sie glücklich, daß sie bereits seit lange Staub waren.

Boatswaiu, der getreue, gesellte sich seinem Herrn. Dieser drückte den Kops des schönen Thieres Wider seine Brust und seufzte:Du und nur du bist mein einzig ehrlicher, bewährter Freund! Du besitzest alle Tugenden der Menschen, ohne ihre Fehler und Laster zu haben."