Heft 
(1885) 38
Seite
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Kinder der Flamme von Günther von Freiberg.

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und blaue, braune und katzeugrüue Aeuglein wurden verdreht. Genug, Alles verhimmelte und schlürfte Seligkeit und süße Milch mit zerdrückten Erdbeeren.

Ich will heute bon xrines sein," versprach Byron unter der Eiche seinen Kameraden.Ihr, Gesellen, brennt vor Begierde, mit Zn hopsen thut euch keinen Zwang an, genießt bukolische Freuden folgt dem Beispiel Mathews'l"

So wollen wir einander ablösen," erwiederte Hobhouse,zuerst mögen Cläre, Wingsield und Hay ihr Glück versuchen. Ed, Junker Kaled und meine Wenigkeit bleiben bei Dir, George."

Es geschah, wie der loaltro äo xiaisir von New- stead es anordnete.

In einem hübschen Fayencekrug prangte das statt­liche Maibouquet. Byron wurde nicht müde, sich am feinen Duste der Frühlingsblumen zu laben.

Eigentlich nur Wiesenblumen," warf Kaled ge­ringschätzig hin.

Nun, dann sind's Wiesenblumen aus Avalun, dem Feenlande," entgegnete der Lord, mit den Lippen die Weichen Kelche der Narzissen berührend.

Auch die Geberin sah darnach ans," meinte Wingsield,wer mag sie sein? Gewiß eine kleine Zauberin aus Lancashire; so zarte Glieder, solche Lockenfülle sind dort nur heimisch."

Wie ans Negenbogenstrahlen geformt," träumte Eddlestone.

Mit boshaftem Seitenblick auf Flora-Kaled äußerte Byron:

Wäre eine Dame unter uns gewesen, sie hätte vor Neid ergrünen müssen."

Flora zuckte mit keiner Wimper; ihre weißen, scharfen Zähne zermalmten eine hochrothgesottene Krebsscheere, aber gern hätte sie mit diesen Zähnen den hämischen Gebieter zerrissen. Wie es in ihr kochte und wallte! Nur allzu deutlich sah sie die Schadenfreude in den Mienen der jungen Leute. Pathetisch schob sie endlich den mit Radieschen und Krebsschalen überhäuften Teller von sich.

Ein wahrer Schlangenfraß," sagte sie burschikos, wie Alles, was im Jägerhause bereitet wird. Mr. Hobhouse, essen Sie keinen Salat mehr, ich weiß aus sicherer Quelle, daß man in den hiesigen Salat­näpfen die sechs kleinen Möpse der Wirthstochter badet."

Flora sprang von der Bank auf und fügte nach­lässig hinzu:

Vetter George," Byron gab Miß Gordon für einen Verwandten aus,wenn Sie nichts dagegen haben, fahre ich ein wenig im Forste spazieren."

Sie hoffte im Stillen, er würde sie bitten, zu bleiben.

Aber Mylord antwortete phlegmatisch:

Friedrich der Große sagte: ,Jn meinem Staate kann Jeder ans seine Fasson selig werden/ dasselbe gilt ans meinen Domänen, Junker Kaled."

Verdrossen kletterte Flora auf den Wagentritt des leichten Gefährts und trieb den Schecken, der nicht ausgespannt worden, zu raschem Laufe an. Sie fuhr in's Blaue, das heißt, in's Grüne hinein. Kanin war sie den Zurückbleibenden außer Sicht, so

brach sie in einen Strom lang zurückgedrängter Thränen ans. Das bizarre, irregegangene, von Nie­mand mehr geachtete Geschöpf verwünschte sein Schicksal und den ganzen Planeten, auf dem wir athmen.

Der uralte Brauch, das Maifest im Freien bei einem Glase Bier oder Wein zu begehen, hatte so­wohl ans Nottingham, als ans anderen benachbarten Fabrikstädten und Ortschaften eine Anzahl Besucher nach dem Jägerhanse geführt. Unter Anderen einen sehr elegant gekleideten jungen Mann von offener, einnehmender Gesichtsart, welcher nicht weit von Byron und seinenRittern zum Todtenschädel" Platz genommen hatte.

Indem er den jungen Gutsherrn gewahrte, blitzte es freudig in seinen Augen auf; er neigte sich zu seinem Begleiter, vielleicht sein Sekretär oder Ver­trauter, und sagte ihm schnell etwas in's Ohr. Nun fixirte der Andere unfern Lord. Dieses geschah in keineswegs auffallender oder unschicklicher Weise, so daß es unbemerkt blieb.

Nach wenigen Sekunden aber tuschelte Hobhouse seinem Abt in's Ohr:

Heil Erin! Sieh' nur: da drüben faßte Thomas Moore Posto, der überschätzte Anakreon aus Notting­ham."

Kommt er, uns einen Gig zu tanzen?" spöttelte Byron, der aus Englands moderne Poeten verzweifelt schlecht zu sprechen war.

Jetzt war die Reihe an Eddlestone, Hobhouse verstohlen in das Jabot hinein Zu zischeln:

Sie thaten Unrecht, Mr. Hobhouse, By auf den Sänger ,der irischen Melodieer/ aufmerksam zu machen; denn der Teufel regiert unfern Freund jedesmal, wenn er einen ans der ,Seeschule' in der Nähe wittert."

Thomas Moore nahm den Hut ab und ließ die muthwilligen Mailüftchen um sein dunkles, allzu krauses Haar spielen. Er war die verkörperte Bon- hommie trotz des Ausdrucks von Verschmitztheit, der um die vollen Lippen zuckte und am deutlichsten in der aufgeworfenen Nasenspitze zum Ausdruck kam. Die ganze, bewegliche Physiognomie hatte einen höchst pikanten Reiz. Schwerlich aber hätte man ihm die wehmüthig-süßen Lieder:Die letzte Rose des Som­mers",Horch', die Vesperglocken klingen" und der­gleichen mehr, zugetraut. Sein überaus reizendes, wenn auch nicht großartiges Talent hatte ihm bei jungen Jahren in rapidester Zeit den Ruf eines Nationaldichters gesichert; seit Robert Burns war kein britischer Sänger so allbeliebt gewesen, denn sogar Walter Scott's Balladen und seinFräulein vom See" verloren an Popularität neben Moore's Gedichten.

Auch Byron's intime Freunde hatten sich dem Wohllaut derIrisb Melodiös" nicht verschließen können und hätten allzu gern die persönliche Be­kanntschaft desAnakreon" gemacht. Hobhouse mochte wohl nicht ganz aufrichtig sein, indem er ihm das Prädikatüberschätzt" verlieh.

Aber George Byron, der in Kurzen: den Pegasus bei den goldenen Mähnen fassen und sich mit ihm ausschwingen sollte in ungeahnte Zaubersphären, Byron hatte bekanntlich dein ganzen englischen Parnaß