Lösliche Sande van S. Aba.
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Die ganze Nachbarschaft ließ sich nicht nehmen, daß der mettoZLgos 'laroeri ur — seine Familie gehörte Zu den Primipilen — Szabo Eszter zur Frau nehmen würde. Jedesmal trat dasselbe Gerücht mir Bestimmtheit ans, wenn Taroczi von seinen Ausflügen Zurückkehrtc, ohne Bräutigam geworden Zn sein. Jedesmal, so oft er sortreiste, wurden die Leute wieder Zweifelhaft; bald aber behoben sich diese Zweifel, denn der Herr saß ja wieder allabendlich bei Eszter.
Eszter war wirklich sehr hübsch. Sie hatte einen zarteil Teint, fast dnrsichtig, dunkelblonde Haare und Augen, die, an und für sich groß, die Fähigkeit besaßen, sich weit Zn öffnen, sobald sie, angeregt, heftig sprach oder aufmerksam Zuhörte. Von Mittelgröße, war sie sehr schlank, hatte kleine Hände und Füße und trug sich halb städtisch, halb ländlich, das heißt sie hatte lange Zöpfe und ein Vortuch, selten eine Kopfbedeckung, es wäre denn gegen Unwetter jenen großen Shawl, den ihr Herr von Taroczi aus Pest gebracht hatte.
Vor beiläufig zwei Jahren war Taroczi wieder von seinen Irrfahrten nach Hanse gekommen und gleich Abends zu Szabo gegangen.
Szabö Gynri kümmerte sich um sein Hauswesen gar nicht, ja noch mehr; so wie er selbst der Verwalter von Taroczi's Gütern war, so war Eszter die Verwalterin der Szabö'schen Besitzungen; diese, wenngleich nicht groß, reichten doch ans, das Hans zu erhalten, gaben selbst noch Ueberschuß. Zwei Büffelkühe versorgten das Hans mit Milch, und die Magd konnte täglich noch davon verkaufen. Außer den
Pferden, welche die Herrenlente benützten, gab es noch Jgüspferde, die, zu Dreien gespannt, Ackerdienste thaten, auf der Post aushalfen und Eszter führten, wenn sie Besuche machte in der Nachbarschaft; der Geflügelhof wimmelte von Enten, Gänsen und Hühnern, deren Zucht Eszter alle Ehre machte, der Schweinestall war voll und rentirte gut, denn Eszter fütterte die Thiere mit reinem Türkenwaizen, und der Speck, den sie verkaufte, gehörte zur gesuchten Waare.
Seit frühester Jugend an die Wirthschaft gewöhnt, betrieb sie dieselbe nicht franenmäßig — im Kleinen — nicht selbst handanlegend, sondern sozusagen mit dem Kopse, eine Folge der Selbstständigkeit, in welche sie der frühzeitige Tod ihrer Mutter versetzt hatte.
Eszter hatte gar nichts gelesen als ihre Bibel; der Vater gehörte der alten Zeit an, verstand seine lateinischen Klassiker, rezitirte sie bei Gelegenheit, schrieb die Sprache der Römer ganz bequem, aber ihm fiel nicht ein, von der Tochter Anderes zu verlangen als Haushalt. Wenn die Tochter vor dem Schlafengehen das protestantische Gesinde zusammen- rief und ihm eine Bibelstelle vorlas oder in ihrer Weise anslegte, so war das dem Alten sehr recht; Sitte und Ordnung ging ihm über Alles; wenn die Mägde ihre Psalmen sangen zur Zeit, wo er selbst schon müde im Bett lag, so ärgerte ihn manchmal der Lärm, nicht aber die Sache selbst, und endlich schlief er doch ein, ungeachtet der Gesang oft bis Mitternacht währte; in früheren Jahren hatte er
selbst mitgesungen; aber seit seine Frau todt war, zog er sich zeitig zurück, und so lag Szabo Gynri schon im Bette, selbst die Bibel lesend, als Taroczi zu Eszter kam.
Die jungen Leute grüßten sich. Taroczi setzte sich zum Ofen, auf dessen offenem Herde Niesenflammen brannten, stopfte sich aus dem Kostök die kurze Pfeife und zündete sie an.
Es war so, als ob er gestern auch da gesessen wäre und nicht sechs Wochen auswärts Angebracht hätte.
„Weißt Du," sing er an — Taroczi duzte Eszter, während Eszter ihn stets „gnädiger Herr" nannte — „weißt Du, mein Mädchen, ich werde Dir jetzt etwas sagen."
Eszter öffnete ihre blauen Augen weit und sah Taroczi an.
Taroczi aber redete nichts.
„Was werden Sie mir denn sagen?" fragte sie nach einer Weile.
Taroczi kraute sich den Kopf. „Ich bin heute wieder enorm dumm," hob er nach einer Weile an, während welcher Eszter ruhig dagesessen war, den rechten Ellenbogen in die linke Hand gestützt, die Finger der rechten Hand am Munde und die Augen weit geöffnet, „aber. . ." Er schwieg wieder. Eine Menge voir Bildern ging durch seinen Kopf, Jlka, Karoline staken darinnen; er sah sich, wie er auf dem Kasinoballe vor ihnen stand, bald vor der Einen, bald vor der Andern; er hörte, was er ihnen gesagt hatte, von Schönheit, von Glück; er sah sich selbst und an seinein Arme Jlka, Karoline, und der Kopf wurde ihm wirbelig wie vor zwei Wochen, wo er nicht wußte, solle er der Einen oder der Andern den Antrag machen, ihn zu heirathen.
Taroczi fuhr sich wieder durch die Haare, die, noch halb nach städtischer Weise geordnet, jetzt, wo er die Kucsma trug, weder natürlich lagen, noch den Scheitel zeigten, den der Friseur so hübsch zu machen gewußt.
„Wie soll ich Dir das nur sagen?" fragte er plötzlich, mit dem Stuhle näher zu Eszter rückend. Eszter blieb sitzen — sie rührte sich nicht.
„Ich werde Dich heirathen," sagte er, seinem Gedankengange folgend, nachdem er eine Rauchwolke geschluckt hatte, die nach diesem Satze erst langsam aus der Kehle wiederkehrte.
Eszter blieb regungslos; ihre Finger spielten fast unbemerkbar mit der Unterlippe, die Augen wurden noch größer. Taroczi hatte die Pfeife aus dem Munde genommen, sah sie starr an und wartete, was Eszter sagen würde. Eszter blieb etliche Minuten stumm, daun aber sagte sie leise, ohne ihre Stellung zu ändern: „Und warum gerade mich?"
„Weil ich will," sagte Taroczi.
„So!" antwortete Eszter in langgezogenem Tone.
„Was soll das heißen?" fragte Taroczi, indem er verlegen den Deckel der Pfeife öffnete und die Asche mit dem Finger hinabdrückte.
Eszter legte die Hände in den Schooß und gab einen Laut von sich, der weder Seufzer noch Lachen war, zwischen beiden aber lag der Laut.
„An tuen haben der gnädige Herr gedacht?" fragte sie, den Kopf zu Taroczi wendend.