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Deutsche Noman-Oibliothek.
kleine Absteigequartiere ziemlich bescheidener Art, aber doch bequem genug; man forschte nach seinen Existenz- qnellen, brachte aber nichts heraus. In Paris wollte ihn einmal ein Ungarländer im Cafe gesehen haben, wo er Billard spielte; sein Partner war ein Engländer, und sie spielten die Partie um fünftausend Franken. Eine dichte Menge Zuseher war um das grüne Brett gedrängt. Es wurde mit großer Aufmerksamkeit gespielt. Aber Fern war seinem Gegner sehr überlegen; Fern gewann die erste Partie; der Engländer trug ihm quitts ä äoudls an; Fern ging es ein, er gewann wieder, obwohl er überaus ris- kirte Bälle spielte. Nochmals trug ihm der Engländer quilts ä äeux an, die Partie ging daher um zwanzigtausend Franken. Ein Gemurmel ging durch die Znseher — der Engländer war gebadet im Schweiß.
Niemand zweifelte am Ausgange. Aber Fern spielte keinen Ball mehr so, wie es sein Interesse erheischt hätte; er machte nur Kunststöße und verlor.
„Er hat die Partie ihm geschenkt — das hat er absichtlich gethan," hieß es, und lächelnd legte Graf Feri das Billardgeld auf dem Tische nieder, zog den Ueberrock an und ging fort; auf dem Boulevard bestieg er einen Wagen, der auf ihn gewartet hatte.
Diese Anekdote fand Verbreitung. Man staunte über die Hochherzigkeit sowohl, als über die Geschicklichkeit Feri's, der, öfters interpellirt, stets behauptete, daß man ihn verkannt haben müsse, jedoch zngestand, daß er ein guter Billardspieler sei und gerne spiele.
(Fortsetzung folgt.)
Aus der neuen deutschen Lyrik.
G e b r ch L e
von
h- Plaß.
(Ungedruckt.)
I o in in e r a b e n d g l c> ck e n.
Sommerabend sanft und mild Breitet seinen Schleier Heber dämmerndes Gefild, lieber Busch und Weiher.
Leise rauscht die weiche Luft, wie mit zartein Flüstern Zieht der holde Blütendust Durch die dunklen Rüstern.
Träumend schwankt das schlanke Ried, Scheues Nachtgesiügcl Wie ein dunkler Schatten zieht Gb dein Hellen Spiegel.
Schweigend schlummert Flur und Wald, Nur mit leisem Klange Fernen Glöckleins Ruf erschallt Andachtsvoll und bange.
wie ein ernster Mahnruf dringt's Durch die stillen Lüfte, wehmuthsvolle Kunde bringt's Aus der Ruh' der Grüfte.
Klinge freundlich, frommer Klang, Müdem Herzen zu,
Linst ertönt auch mir dein Sang,
Ruft auch mich zur Ruh'.
Gute llacht, mein Gretchenl
Ich seh' in deine Augen,
Mein liebes, trautes Kind,
Und seh' mit frohem Staunen, wie tief und schön sie sind.
In deine kleine Seele Blick' ich durch sie hinein wie in ein klares Bächlein Im hellsten Sonnenschein.
Noch hat kein wilder Schauer Den Spiegel dir getrübt,
Kein Menschenherz dich heißer Als Vaters Herz geliebt.
Ach, könnt' ich immer schirmend Und schützend vor dir steh'n,
Dein Lockenköpschen hüten vor wilden Sturmes weh'n!
wenn einst des Schicksals Tücke Kreuzt deine Lebensbahn,
Dein kleines Herz erzittert vor unheilvollem Wahn,
Mög' dann das Vaterauge Nicht fehlen deiner Ruh',
Und Mutterhände segnend Dein Lettchen decken zu!
Nun geh', inein trautes Herzchen, Und schlafe sanft die Nacht,
Noch lebt dein Vaterange,
Hält treulich für dich wacht.
