Heft 
(1885) 44
Seite
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Deutsche Roman-Bibliothek.

Nun wurde BLtor doch gesattelt, er mußte zu Marosfalvy laufen, wo Herr von Taroczi Zurück­geblieben mar.

Das ganze Taroczi'sche Haus befand sich in einem erbarmenswerthen Zustande.

Jlka hatte nur Thränen, so lange das Mädchen noch lebte; als es todt war, lies sie ans ihr Zimmer und sperrte sich ab. Eszter saß neben der kleinen Leiche und weinte bitterlich. Sie war nicht wegzu­bringen. Szabo Gyuri, selbst erschüttert, suchte ver­gebens seine Tochter nach Hause zu bringen. Sie widerstand, mehr mit Mienen als mit Worten, dagegen entschieden, so daß der alte Vater unverrichteter Sache fortgehen mußte. Immer neue Ströme von Thränen ergossen sich über ihr Gesicht, das gleichwohl keine Miene verziehen zu können schien, nur die Mund­winkel zuckten zeitweilig krampfhaft nach abwärts.

Amme und Kindsfrau gingen wie verloren herum, bald wollten sie die Leiche schmücken, bald Kerzen anzünden, aber Eszter wehrte Alles ab, bis die beiden Frauen endlich das Zimmer verließen, sich in die Küche setzten, wo das Zahlreiche Gesinde, jetzt verstummt, um das offene Herdfcuer saß, die Männer rauchend, die Frauen ihr Gesicht zur Trauer ver­ziehend, wie es ordentlichen Dienstleuten zukommt, während der Koch in seinen schmutzigen weißen Kleidern nichts that, als dann und wann eine kleine Labung trinken, die er in der Speisekammer selbst für diese traurige Zeit in Bereitschaft hatte.

Drei Stunden war der Bote fort, zum wenig­sten drei andere Stunden mußte es dauern, bis Taroczi heimkehren konnte, selbst wenn er seine Rozsika Zu Leistungen vermochte, wie jene an der Seite von Jda's Rappen.

Der Bote ließ sich kein Säumniß zu Schulden kommen. Ein echter Szekler, ritt er gleich vorn Flecke im Galopp. BLtor merkte selbst, daß es sich um etwas Großes handle, denn er wartete keine Mahnung ab, blies durch die Nüstern, daß dichte Hauchwolken in die kalte Nacht hinausströmten, und rannte unermüdlich fort eine ganze Stunde lang, dann aber fiel er in Trab. Jetzt fühlte er einen argen Druck in den Flanken und machte einen Satz, den ein englischer Renner nicht weiter hätte machen können, und setzte den unterbrochenen Galopp fort aber nach kurzer Zeit folgte der Trab wieder und so fort. Als er dem Hanse Marosfalvy nahe kam, war BLtor so erschöpft, daß er den Hügel hinauf nur noch im Schritte gehen konnte. Es war nahezu sieben Uhr Morgens geworden, als der Knecht den Hof betrat, wo schon reges Leben herrschte.

Wo ist Herr Taroczi?" rief PLl das war sein Name den Leuten Zu.

Er ist fortgeritten mit Fräulein Jda schon um sechs Uhr früh."

Wohin?"

Niemand wußte Bescheid.

Siebentes Kapitel.

V e i in Junggesellen.

Es mochte etwa halb vier Uhr des Morgens gewesen sein, als Gras Feri vor dem großen Haus­

thor der Kurie angelangt war, welche, Eigenthum des Herrn Josef von Kereszti, von ihm bewohnt wurde.

He, Joska!" rief Graf Feri.Hollaho! aufmachen!"

Aber es rührte sich Niemand, nur die Haus­hunde bellten hinter dem Gebäude.

Noch einige Male rief Feri sein Hollaho, dann aber wurde er ungeduldig, stieg ab und klopfte mit dem Knopfe seines Reitstockes so mächtig als nur möglich an das Hausthor. Zuerst antworteten wieder nur die Hunde, dann hörte man das Zuschlägen einer Thür im hintern Hofe und endlich rief eine Frauenstimme:Wer da?"

Feri nannte sich, die Stimme antwortete:Werde es dem Herrn melden." Darauf wurde es wieder still.

Nach einer Weile zeigte sich schwaches Licht in einem der Zimmer rechts vom Hausthor. Feri ging am Staketenzaun entlang, das Pferd am Zügel, und sah in's nicht verhängte Fenster hinein.

Eine alte Frau im Nachthemde, das Licht in der Hand, stand unter der geöffneten Thüre; man sah sie reden.

Rechts an der Längswand des Zimmers stand das Bett; drinnen lag offenbar Jemand, aber er schlief fest.

Feri lehnte sich an den Zaun; die Szene sing an ihn zu unterhalten.

Die Frau begann zu schreien:Ein Gast ist da!" Aber der Schläfer hörte nicht; da erschienen Zwei große Hunde zu beiden Seiten der Frau, diese kehrte sich um und schwenkte das Licht, wie um die Hunde wegzujagen; aber anstatt Zurück, sprangen die Hunde vorwärts und einer derselben geradeaus in's Bett des Herrn.

Es war ein großer Wolfshund, der etwa fünfzig Pfund oder mehr wog.

Wie von der Tarantel gestochen fuhr der Schläfer auf, und im Augenblicke hatte der Hund einen Schlag, daß er winselnd der Thür zufprang, der zweite folgte und die Frau war umgerannt, das Licht erloschen. Man hörte tüchtige Flüche und nach kurzer Finster­niß erhellte sich der kleine Raum wieder. Joska stand bei seinem Nachttischchen und zündete mit dem Reibhölzchen die Kerze an; hinten erhob sich lang­sam und mühevoll die alte Beschließerin, sorgfältig ihr Hemd glättend und die Hunde abwehrend, die neugierig die ungewohnte Szene betrachteten.

Gras Feri mußte laut lachen und lochte vielleicht geflissentlich lauter, um gehört zu werden.

Herr von Kereszti verhandelte mit seiner Wirth- schasterin, wieder folgten Flüche, Kereszti zündete eine türkische Pfeife am Licht an und ging endlich Zum Fenster, das er öffnete, und einen nicht wieder­zugebenden Fluch ausstoßend, rief er hinaus:Nu, wer ist da?"

Graf Feri nannte sich abermals. Lautes Ge­lächter folgte aus dem Fenster, das sich schloß, nach­dem noch ein:Du Narr!" halb herausgestoßen worden war.

Feri kehrte zum Thore zurück. Er mußte noch ziemlich lange warten, bis es geöffnet wurde. Es kam Marton, der Kutscher, und Marczi, der Bediente, Beide in Nachtkleidern. Ersterer nahm das Pferd,