Heft 
(1885) 44
Seite
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Lösliche Sande von S. Aba.

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Letzterer den Nachtsack und führte den Herrn Grafen in ein komfortables Zimmer, wo bereits zwei Lichter brannten, die Vorhänge geschloffen waren und ein gutes Bett anfgedeckt dastand.

Befehlen Herr Graf noch etwas?"

Ich brauche nichts; aber wecke Er mich zum Frühstück."

Um sechs Uhr?"

Um sechs Uhr."

Der Bursche ging fort und schloß die Thüre.

Feri kannte seinen Freund Joska, er kannte sein oft benütztes Absteigequartier, zog sich ans, legte sich schlafen, und es schien ihm, er sei kaum ein­geschlafen, als Marczi die Thüre vorsichtig öffnete und mit einem Bunde Holz aus dem Arme, einer vollen Glntschaufel in der Hand erschien und zum Ofen ging, worin er Feuer machte.

Wie viel Uhr ist es denn?" fragte Feri.

Fünf Uhr, Herr."

Vergesse Er nicht, mich um sechs Uhr zu wecken."

Zu dienen Herr! Soll gesattelt werden?"

Nein."

Feri drehte sich herum und schlief wieder ein.

Um sechs Uhr öffnete sich die Thür und Herr von Kereszti trat herein, eine große Oellampe in der Hand, den Tschibuk fest zwischen den Zähnen, während er die Thürklinke in der Hand hielt; so­bald er diese losgelaffen hatte, nahm er das türkische Rohr in die Linke und glich nun einer Statue.

Servus, Feri!" rief er in unnachahmlichem Baffe.Isten aläsa, ineg, Gott segne Dich! Willst Du jagen gehen?"

Feri war dießmal mühevoller erwacht, drehte sich langsam herum, verdeckte sich die geblendeten Augen und sagte endlich, die Glieder streckend: Laß mich noch schlafen."

Herr von Kereszti drehte sich um, nahm den Tschibuk wieder Zwischen die kräftigen Zähne, die Klinke in die Hand und schloß die Thüre hinter sich.

Hiedurch erwachte Feri erst vollkommen, stand ans, kleidete sich schnell an und ging in's große Speisezimmer; dort fand er Marczi, der ihm die Nachricht brachte, er solle um acht Uhr bei Frau Fischer sein, die ihn zum Frühstück erwarte.

Feri und Joska waren von gleichem Alter, hatten Zusammen studirt, zusammen in Berlin absolvirt, zu­sammen im Auslande gelebt, bis etwa vor sechs bis sieben Jahren Joska in Baden-Baden eine wunder­schöne Blondine, Fräulein Fritzi, kennen lernte, mit der er zuerst nach London ging, dann Neapel be­suchte, von dort ans allein zurückkehrte, am Ende des großen Obstgartens hinter seiner Kurie ein nettes Häuschen erbaute, aus Wien mit geschmackvoller Ein­richtung versah, dann, als Alles fertig war, Fritzi abholte, als Frau von Fischer sie hieß Friederike Fischer in das Häuschen versetzte und dort nahezu verschlossen hielt.

Joska war groß, fast sechs Schuh hoch, seine dichten blonden Haare spielten in's Graue, der Voll­bart, damals eine Seltenheit, war fast grau, die Nase gerade, der Mund sehr fein, das Auge tief­liegend und von starken Brauen eingefaßt, die Schul­tern schienen zu hoch zu stehen, die Arme zu lang

zu sein, die Hände zu sehnig, überhaupt machte er den Eindruck großer Magerkeit.

Seit er sich zu Hanse etablirt hakte, lebte er ganz zurückgezogen, besuchte Niemanden und empfing selten Besuche. Das Gut Keresztfalva lag ziemlich abseits von der Hauptstraße, den Weg hin ließ er absichtlich nicht repariren, und nachdem man sich ein halbes Jahr über ihn lustig gemacht hatte, war er beinahe verschollen.

Nur Feri, sein einziger Freund, der Fritzi in Baden-Baden auch gekannt hatte, durfte jederzeit zu ihm und zu ihr. Für Fritzi waren Feri's Besuche Festtage; für Feri weniger, denn er haßte jede Ge- müthsbewegung, und so gewohnt er war, Gefühle zu beseitigen, so machte ihm Fritzi, sowie das Leben der zwei Leute stets einen peinlichen Eindruck. Und dennoch konnte er es nicht über sich bringen, aus Siebenbürgen sortzugehen, ohne seinen Freund ge­sehen zu haben. Dieser Nest von Gntmüthigkeit war ihm geblieben.

Feri ging in sein Zimmer zurück, sah auf die Uhr, rief Marczi, befahl ihm zu sorgen, daß sein Pferd beschlagen werde und gegen Mittag in Bereit­schaft stehe, nahm dann seine Brieftasche heraus, zählte eine lange Reihe großer Banknoten ab und machte Notizen, dann packte er wieder ein, setzte den Hut auf und ging in den Hof, durch denselben in den Garten, durch diesen auf dem schmalen, nicht gepflegten Steige zu Fritzi's Haus.

Der Garten hieß uneigentlich so, denn er be­stand bloß aus Wiesengrund, ans dem reihenweise Obstbäume, gleich Soldaten in Reih' und Glied, gepflanzt waren. Nicht ein Blumenbeet, ja kaum eine Feldblume war zu sehen, keine Laube, keine Bank. Man konnte wohl Spuren von Rabatten finden, aber Jahre mochten vergangen sein, seit eine Hand sie gejätet, der kräftige Graswuchs hatte die zarteren Pflanzen verdrängt. Dem ungeachtet machte Fritzi's Häuschen einen freundlichen Eindruck. Die Front ging in den Obstgarten. Vier Fenster, durch grüne Jalousieen geschloffen, zwischen ihnen die Haus- thüre, Zn der drei Stufen führten. Das Dach sprang hier etwas vor und rechts und links von der Stiege standen hohe Thujen. Ein friedlicher Anblick.

Feri pochte mit dem Thürhammer; er hörte ein Schloß öffnen, dann ein zweites Fritzi stand vor ihm.

Schön, daß Sie wieder einmal nackschauen," sagte sie, die Thüre schließend und das große eiserne Gitter zuklappeud, das hinter der Hausthüre den eigentlichen Sicherheitsabschluß bildete,es ist gerade ein Jahr, seit Sie das letzte Mal hier waren."

Also wie geht's?" sagte Feri fröhlich lachend und die nochmals gebotene weiche, kurze Weiße Hand mit seinen Händen bedeckend, fast walkend,wie geht's, meine kleine Freundin? Ist Joska da?"

Noch nicht, aber er wird gleich kommen, das Frühstück ist längst fertig, kommen Sie hieher," sie wies rechts,in den Salon, den Joska neu her­gerichtet hat."

Sie traten in ein ziemlich großes Gemach. Ein rosenroth geblümter Teppich bedeckte das ganze Zim­mer, dunkle Zitzvorhänge mit großen Rosenbouqnets