1040
Deutsche Roman-Bibliothek.
hingen an den vergitterten Fenstern herunter und gleicher Stoff bedeckte Sopha und Sessel, auf denen ebenfalls großgeblümte, gestickte Polster lagen. Auf dem Tische stand eine Vase mit einem Rosenstrauß von künstlichen Blumen und ein riesiger Goldlüstre hing etwas zu tief herab. Neben dem Ofen stand ein Klavier von Nußbaumholz und eine breite Etagere war mit seltenen goldberänderten und bemalten Schalen und Gläsern vollgestellt.
„Mir war die blaue Einrichtung lieber, aber im letzten Winter bin ich fast abgebrannt," sagte Frktzi.
„Wie doch, was geschah? Davon hörte ich kein Wort," fiel Feri ein, „und mir scheint, ich kenne diese recht schönen Möbel schon," fügte er gedehnt bei.
„Gewiß," sagte Fritzi, „sie haben den Szentas gehört, Joska hat sie von diesen gekauft, furchtbar theuer."
Sie setzte sich breit auf das Sopha und sah recht hübsch aus. Ein lichtblauer Schlafrock von Tibet mit weit offenen Aermeln, die den vollen Arm sehen ließen, die blonden Haare in ein Häubchen gesammelt, das neckisch auf dem kleinen Kopf saß und die zierlichen Ohren zeigte, auf welche sie offenbar stolz war, da keine Ringe darin hingen.
Gerade neben dem Sopha stand eine Etagöre mit einem Käfige, worin ein paar Kanarienvögel hüpften; diese zwitscherten so stark, daß sie dieselben mit einem Tuche Zudecken mußte; deßhalb stand sie nochmals auf, holte ein. solches Tuch und breitete es über den Käfig, dann setzte sie sich wieder, wobei sie den rechten Fuß geschickt unterschlug.
„Haben sich die Szentas neu möblirt?" fragte Feri.
„O nein," antwortete Fritzi, „unsere Dienstleute behaupten, sie hätten kein Geld gehabt und der alte Herr hätte verkaufen müssen, was beweglich war; aber was sagen Sie dazu, daß mich Joska noch immer nicht geheirathet hat? Ich werde alt, er wird alt — ist das nicht recht traurig?" fragte sie, wobei sich ihre Mundwinkel abwärts zogen und Thränen in ihre Augen traten.
„Was alt!" fiel Feri ein; „Sie sind jung und schön, das Heirathen ist Nebensache; Sie kennen Joska gut genug, um zu wissen, daß er sich schwer zu Neuem entschließt, und dann ist er Ihnen ja so treu, als wäre er Ihr Gatte."
Fritzi weinte jetzt wirklich, stand auf, suchte ihr Taschentuch, und da sie es nicht fand, so ging sie in das anstoßende Gemach, aus dem sie eben wieder heraustreten wollte, als Joska an der Schwelle des Salons erschien, worauf Fritzi ihre Thüre zuzog.
Joska hatte das Taschentuch vor Fritzi's Augen bemerkt und sagte zu Feri:
„Das alte Lied, mit Thränen."
Feri zuckte mit den Achseln.
„Gehen wir frühstücken; mich langweilt die Kleine, aber ich komme nicht mehr los und endlich kann ich sie auch nicht wegjagen."
Es war acht Uhr geworden; das Frühstück stand hübsch geordnet im Speisezimmer links vom Eingang, Kaffee, Büffelmilch, Silvorium, Butter, kaltes Fleisch und Wein.
Die Herren setzten sich; Fritzi fehlte noch.
„Kaffee?" fragte Joska.
„Ja wohl," antwortete Feri, „sage mir, Du hast ja Fritzi anders eingerichtet?"
„Ja," antwortete Joska, „ich bin im vorigen Winter auf dem Sopha eingeschlafen, die Pfeife ist mir nmgefallen und das Sopha hat zu brennen angefangen. Marczi und ich hatten Mühe, das Feuer zu löschen, mit dem Wasser war Alles verdorben; da kaufte ich den Szentas die Salongarnitur ab, häßliches Zeug, aber gut genug und schnell beigeschafft!"
„Wie kommt es, daß Szentas sich degarnirten?" fragte Feri.
„Viel hatten sie nie; aber der alte Herr mußte für einen seiner Schwiegersöhne Schulden Zahlen, man erzählt noch mehr — ein Defizit; Thatsache aber ist's, daß der alte Herr jetzt in Verlegenheit ist. Pferde und Hornvieh sind verkauft und ein Theil der Aecker verpfändet. Er war nämlich Accep- tant eines Wechsels und das bewegliche Gut wurde ihm licitirt."
Feri griff mit der rechten Hand in die Brusttasche.
Die Thüre des Speisezimmers ging auf, Fritzi erschien. Sie hielt ein Batisttuch in der Hand, weinte nicht mehr, aber man hätte bemerken können, daß eine dünne Schichte Puder auf Nase und Wange lag, ein Gebrauch, den Fritzi nicht erst in Siebenbürgen zu lernen brauchte, obwohl er dort leicht zu lernen war.
Das Frühstück verfloß ohne besondere Zwischenfälle. Joska sprach fast nur von der Jagd; Feri hörte nnt halbem Ohre zu, da er nie ein guter Jäger war, und Fritzi aß von Allem, was da stand, und Zwar ziemlich viel, was Joska zur Bemerkung veranlaßt, daß sie zu dick werden dürste, worauf Fritzi erwiederte, daß ihr Joska ohnehin keine andere Unterhaltung gewähre. Joska erhob sich und lud Feri ein, zu ihm zu kommen, er habe ihm Manches zu sagen. Auch Feri stand auf, grüßte Fritzi, die das Taschentuch bereits wieder bei den Augen hatte, und ging ohne viel Faxon mit Joska fort.
„Ich werde sie jetzt Zn verheirathen suchen," sagte Joska, „nur weiß ich noch nicht an wen; mein Biro (Richter) kann kein Wort Deutsch, und Fritzi hat kein Wort Ungarisch oder Walachisch gelernt — sonst gäbe das die richtige Partie, aber ich will sie los werden."
„Da hast Du recht," sagte Feri, „ich habe immer gedacht, daß Du zu lange aushieltest — überhaupt diese raschelnden Unterröcke im Hause — diese Pleurnichon-Natur — und alle Frauen sind von geschmolzener Butter oder geharnischt wie Stachelschweine — ich könnte mit keiner leben — Du weißt, die eine — Eudoxia in Paris — nach drei Monaten ging ich ihr durch, und doch war sie die beste Mischung von Honig und Pfeffer, die mir vorgekommen."
„Bin ganz Deiner Ansicht geworden, und so oft ich Dich sehe, beneide ich Dich und befestigt sich in mir der Entschluß, mich zu befreien — wenn ich ihr aber derlei Pläne mittheile, so weint sie und