Heft 
(1885) 44
Seite
1041
Einzelbild herunterladen

Lösliche Sande von S. Aba.

1041

schluchzt sie und ich laufe auf und davon, und so bleibt's beim Alten; nun aber hat sie mir den Ka­plan von Törökfalva an den Hals gehetzt, der mir alle Gebote der Kirche zitirt und stundenlang vor­raucht, nun bin ich zur Entscheidung gedrängt. Es ist eine ordentliche Staatsaffäre aus dieser Geschichte geworden, so daß ich schon daran dachte, für ein paar Jahre wegzureisen aber das Reisen ist mir noch unbequemer, die Lokomotion ermüdet mich, so­bald ich an sie denke, und kein Ort Europas, den ich sah, hat noch Reiz für mich; ich bin alt geworden und scheue jede Bewegung mit Ausnahme jener der Jagd. Willst Du heute auf Hühner gehen? Ich habe noch etliche Ketten, die ich bis jetzt geschont."

Danke Dir, ich liebe die Lokomotion, mit Aus­nahme des Gehens, und alle Orte, die ich besuchte, haben noch Reiz für mich, am wenigsten euer unser Vaterland," fügte er lachend bei,au dessen Zustände ich mich nicht gewöhnen kann; kein Gast­hof kein Hotel ich kann hier nicht leben, und das ganze Land ein Netz von Liebesintriguen, oder besser Liebesbedürfniß ein lebendiger Roman und noch dazu stets ernsthaft etwa der Deine aus­genommen."

Joska zeigte Feri noch die Fuchsstute, die er gekauft, ein gutes, breitgebautes Jagdpferd, eine alte Bibel, die er irgendwo ausgestöbert, und ließ eine Flasche Rießling-Eigenbau bringen, die lebhaft an Rheinwein mahnte und Feri's vollsten Beifall fand. Dann wurde Marczi gerufen, das Pferd vor­geführt und Feri ritt nach warmem Händedruck fort.

Er schlug den Weg rechts ein, der der Maros entlang führte, und ritt etwa eine halbe Stunde; an einer Kreuzung angelangt, drehte er links gegen eine Fähre zu, die zur Hauptstraße leitete; nach zwei weiteren Stunden kam er im Dorfe an, wo Szentas wohnten.

Ich hoffe, Joska hat nicht bemerkt, daß ich die Richtung änderte," murmelte er in sich hinein,er würde mich schön auslachen."

Achtes Kapitel.

Leben und Sterben.

Jda war nach jenem Weinlesefeste schon um sechs Uhr von Hause weggeritten. Sie that das oft und die Leute des Hauses fanden daran nichts Auf­fallendes. Taroczi wußte von Jda's Gewohnheit; er stand daher zeitig auf und legte sich in's Fenster auf die Passe.

Noch hatte er nicht lange Zeit gewartet, als man Jda's Rappen brachte und zum Gartenthor führte. Eilig ging er in den Stall, ließ sich Rozsika satteln und ritt Jda nach, die im Galopp den­selben Weg eingeschlagen hatte, den gestern die Jagd genommen.

Längere Zeit merkte sie nicht, daß sie verfolgt wurde. Ein Windstoß mußte ihr jedoch den Schall des Hufschlages zugeführt haben, sie hielt das Pferd plötzlich an, drehte es um und wartete den Reiter ab.

Taroczi parirte seine Stute, als er Jda gegen­über angekommen war, und hob die Hand zum Gruße.

Deutsche Roman-Bibllothck. XII. 22.

Jda aber sah sehr finster aus, sie streckte ihm die Reitgerte wie ein Szepter entgegen und fragte:

Wer hat Dir gestattet, mich zu verfolgen, etwa ich?"

Nu, nu, nur nicht so wild, Du böses Mäd­chen! Ich kam Dir nach, um Dich zu schützen; seit gestern ist das meine Pflicht. Sei nicht aufgebracht, sei gut, ich bitte Dich!"

Für dießmal verzeihe ich, wenn Du versprichst, daß Du kein Wort mit mir redest."

Das verspreche ich nicht, ich will im Gegentheil immerfort und immer dasselbe mit Dir reden, Du mußt Dich gewöhnen, dieses Wort zu hören Du mußt!"

Ich muß?" rief sie,ich? Nein, ich muß nicht," und es folgte ein Schlag mit der Reitgerte auf den Hals ihres Pferdes, diesem ein zweiter, dritter, und der Rappe stürmte auf dem Wiefenpfade fort.

Ihr nach Taroczi in wilder Hast gleich einer Flucht. Jda unbesonnen, Taroczi voll Aerger; Jda fast unausgesetzt die Gerte gebrauchend, ohne zurück­zusehen, Taroczi seine Rozsika mit den Sporen an- eifernd, das Auge unverwandt und mit Besorgniß auf Jda gerichtet.

Es wäre ihm leicht gewesen, Jda zu überholen und zur Mäßigung zu zwingen, aber er fürchtete Unglück und beschloß schon, die Verfolgung aufzugeben, als Jda, am Steilrande der Maros angelangt, selbst Halt machte, ihr Pferd umwandte und Taroczi entgegenritt.

Ist Friede?" fragte Taroczi.

In Gottes Namen, der Gäule wegen, aber die Bedingung bleibt aufrecht," sagte Jda, ihr Pferd zum Weiterritte umkehrend.

Und wieder gehe ich diese Bedingung nicht ein, sondern sage Dir gleich jetzt, daß ich Dich lieb habe und daß Du mein werden mußt."

Jda sah ihren Begleiter stolz an, das eine Auge drehte sich einwärts, und kalt sprach sie dann vor sich hin:Du bist ja verheirathet."

Ein Jrrthum, mein Kind, ein Jrrthum war's," sagte Taroczi hastig,daß ich heirathete. Ich kannte sie doch nicht, sie liebt mich sicher nicht und ich sie auch nicht. Kalt wie Marmor, wie Eis ist diese Frau, ohne Resource in sich, ohne solche außer sich; ich sage das nicht, um sie zu schmähen, nur um Dich verstehen zu machen, daß ich nicht so weiter leben kann. Sie hat gar keinen Fehler aber auch keinen Willen; kein Laster, aber auch keine Tugend sie ist fürchterlich für mich, und daß diese Ehe nicht fortbestehen kann, ist so klar wie die Sonne. Sie muß nicht fortbestehen und soll nicht; dieß ist beschlossene Sache unter allen Umständen! Die Frage ist nur, ob Du mich nimmst?"

Und wer steht mir dafür, daß in etlichen Mo­naten ich nicht ebenso unliebsam geworden für Dich, als es Jlka Dir jetzt ist? Im Szeklerlande ist cs nicht gut für uns Frauen; ihr seid Alle Tyrannen, und der Vater läßt mich gar nicht dahin heirathen

selbst wenn ich solchen Unsinn zugebe."

Also kannst Du doch den Gedanken fassen, daß Du Zugebest! O, dann bin ich zufrieden, dann löse ich die Bande und komme wieder darf ich?"

13l