Heft 
(1885) 45
Seite
1061
Einzelbild herunterladen

Lösliche Sande von S. Aba.

1061

besser als er selbst, und das Renommee liebte Graf Feri sehr. Ob ihn das großmüthige Stückchen nicht schon gereut hatte, seit es vollbracht ward Wer kann das wissend Daß ihm aber am Renommee nicht geschadet worden sei, dafür bürgte Mendel's schnelle Abfertigung, bürgte besonders des alten Herrn von Szenta gesprächige Bonhommie, und er war mit sich versöhnt, als er Karolinens Hand seinen Lippen näherte; aber Karoline spürte keinen Kuß auf der Hand; Feri hatte Geistesgegenwart genug gewonnen, die Hand ungeküßt wieder sinken zu lassen.

Karoline setzte sich und lud Feri ein, ein Gleiches zu thnn.

Ich werde heute die SZeredahelyi Nelli hören und morgen wieder abreisen; meine Geschäfte rufen mich nach Wien und Paris; wie gefällt Ihnen die Nelli?"

Gut, sehr gut, sie ist hübsch und musikalisch und im Hunyadi LLszlo da läßt ihr der Pelz prächtig, aber ihre Umgebung ist desto schwächer; ich glaube indeß nicht, daß Sie, der Sie Besseres kennen und zu genießen gewohnt sind, die Klausenburger Oper interessiren könnte." Sie nahm ihre Stickerei wieder auf.Sie wollen sich nur dem Ausdrucke meiner Dankbarkeit entziehen und das dürfen Sie nicht, denn der große Dienst, den Sie uns erwiesen, for­dert Erkenntlichkeit, und Sie müssen wissen, daß wir dankbare Menschen sind; ja, Papa hat Ihnen wahrscheinlich gar nicht gesagt, wie groß seine Noth schon war."

O ja, er hat es gesagt," unterbrach sie Feri. Erlauben Sie mir die Bitte, sprechen Sie nicht weiter von der Sache, die mich Ihnen gegenüber in Verlegenheit bringt."

Mir gegenüberd" fragte Karoline.Warum? Und warum in Verlegenheit? Ich stelle mir Wohl- thim höchst befriedigend vor, und ich fühle das ethische Moment so sicher heraus, daß ich Ihnen mit Freuden dankbar bleibe dnrch's ganze Leben! Mögen Sie recht, recht glücklich sein!" sagte sie, indem sie einen kurzen, innigen Blick aus Feri warf, dann aber gleich wieder auf ihre Arbeit hinabblickte.

Feri wurde etwas unheimlich zu Muthe, er­fühlte an die linke Brusttasche, wo sein Geldporte­feuille steckte, als suchte er nach einer Antwort in derselben. Am liebsten wäre er aufgestanden und fortgegangen, aber er sah die Unmöglichkeit ein, so abzusahren, und verwünschte die schöne That, in Ge­danken aus eine Antwort sinnend. So sehr hatte er sich des Umgangs mit Frauen dieser Art entwöhnt, daß er alle Gemeinplätze, die ihm sein Gehirn zur Verfügung stellte, verwarf und stumm sitzen blieb.

Nun, Sie sagen mir gar nichts?" fing Karoline nach einer Weile an.

Graf Feri schob den rechten Fuß über den Linken; er sah ein, daß er etwas sagen müsse, und wählte unter den Phrasen, die sich ihm zu Gebote stellten, offenbar die für seine Zwecke ungeschickteste.

Sie sagen, ich soll glücklich werden," fing er an;ich kann es nie werden; es gibt überhaupt kein Glück, das Leben ist ein schlechter Spaß, den die Schöpfung mit uns ansführt. Glück ist ein Nomanbegriff, weiter nichts; geht die Sache gut

aus, so heißt es Lustspiel, schlecht, Trauerspiel, nicht gut und nicht schlecht, so ist es ein Schauspiel, aber Alles natürlich nur für Jene, die Zusehen; die Spie­lenden leben im Elende, und mein Leben ist ganz und gar farblos ein Vegetiren, und seit ich alt werde, weniger als das glücklich werden geht schon gar nicht."

Karoline hatte die Hände sinken lassen und sah Feri verwundert an.

Welch' dämonische Anschauung!" sagte sie;aber ich glaube es, daß Sie nicht glücklich sind, das glaube ich gerne. Sie leben ein zu unstätes Leben, haben keine Heimat, keinen Herd, scheuen jede An­näherung Sie können nicht glücklich, nicht ein­mal zufrieden sein, und wenn Sie so sortleben, werden Sie mit sich selbst auch noch zerfallen; das sage ich voraus, und gerade deßhalb habe ich Ur­sache, Ihnen Glück für die Zukunft zu wünschen; wo Glück schon da ist, braucht es bloß erhalten zu werden, es ist das schon schwer und selten genug!"

Sie mögen nicht so Unrecht haben, indeß halte ich den Ernst des Lebens ich glaube, so nennen's die Moralisten von mir weg; ich mache keinen Versuch, glücklich zu werden, deßhalb hoffe ich, vor positivem Unglück bewahrt Zu bleiben."

Ein arger Jrrthum, lieber Freund aus guter Zeit das heißt guter für mich!" sagte Karo­line.So ganz spielend geht das Leben doch nicht ab, und ohne Moral hört die Gesellschaft selbst auf, da müßte es dazu kommen, daß lauter Einsiedler die Erde bewohnten vor Jahren hatten Sie selbst noch andere Anschauungen," schloß sie treuherziger, als sie eigentlich wollte.

Ja, ja," entgegnete Feri,aber man wird alt, und sobald man selbst weiß, daß man altert, darf man nicht mehr egoistisch sein, man muß mehr an die Anderen als sich denken! Aber ich weiß, woran Sie denkeil, liebe Karoline. Wir spielten Amor und Psyche, und Jeder kennt sich selbst, ich wenigstens kenne mich genau; jede Frau müßte mit mir un­glücklich werden, denn ich habe doch mehr Zigeuner- natnr in mir, als eine Frau vertragen könnte, sogar mehr, als ich selbst zu verbrauchen im Stande bin."

Ich spreche nicht von dem, woran Sie mahnen," antwortete Karoline,wie sollte ich auch! Ihr Glück jedoch liegt mir am Herzen, nicht erst seit Ihrer heutigen Hülfe, die wie ein äsus ex maostiua kam; ich bin religiös und sehe die göttliche Fügung, der gehorcht zu haben auch Sie erkennen sollten; ich wünsche Ihnen wirklich Glück für Ihr künftiges Leben, wenn auch ich nichts dazu beitragen kann. Das Zigeunerleben ist Ihre freie Wahl, können Sie kein anderes wählen, so bedaure ich Sie herzlich, denn Sie sind ein guter Mensch und verdienen, daß man Sie liebt."

Wirklich?" fragte Feri, dem die klare Art und Weise seines vis-L-vW Zu imponiren anfing, der, während sie sprach, sich in Eisenbahnen und Post­kutschen herumfahren sah in der weiten Welt, der die Sprecherin genau angeschaut hatte und sich ge­stehen mußte, daß sie eine schöne Frau sei, die zu besitzen nicht so übel wäre.

Wirklich? Nein, nein, ich bin kein guter Mensch;