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Deutsche Noinan-Gititiothek.
Sie irren sich gewaltig, ich habe gar kein Herz, gewiß, ich fürchte mich vor jeder Gemüthsaffektion, weil sie mich untauglich macht für das tägliche Treiben — auch glaube ich nicht, daß mich irgend Jemand für gut halte, außer Ihnen, mein Fräulein, und dafür bin ich Ihnen dankbar, sehr dankbar!"
Er griff nach der Hand Karolinens, die sie ihm zögernd gab; Fern beugte sich über sie, und Karoline fühlte dießmal einen warmen Kuß auf derselben.
Beide waren nun verlegen, Beide wußten nicht recht, in welches Geleise einzulenken, als der alte Herr erschien und Zum Essen rief.
Feri bot Karolinen den Arm, sie meinte einen leisen Druck zu verspüren und fuhr sich mit dem Taschentuchs über das Gesicht; sie war sicher, daß ihr Blut vom Herzen aufwärts drängte.
Das Mittagsmahl war bald vorüber; zur festgesetzten Stunde stand Feri's Wagen vor dem Thore; er entschuldigte sich, brach ans, Herr von Szenta und Karoline begleiteten ihn hinaus; der alte Herr, der ziemlich viel Wein getrunken hatte, dem auch das Glück, den Inden los zu sein, in den Kops gestiegen war, erschöpfte sich in Danksagungen und versicherte Wohl zwanzigmal, daß er pünktlich zahlen werde, küßte seinen Gast rechts und links und abermals aus beide Wangen.
Karoline stand schweigend dabei; endlich hatte sich Feri losgemacht, reichte Karolinen die Hand zum Abschiede, die sie ihm gab, worauf er dieselbe wieder küßte.
Graf Feri legte sich tief in den Wagen — fort ging's auf die Straße hinaus.
Der alte Herr zog sein Taschentuch heraus und winkte rüstig nach. Karoline stand gegen das Hausthor gekehrt, als ob sie hineingehen wollte, eine magische Gewalt schien sie znrückzuhalten; sie drehte den Kopf nach rechts dem Wagen zu, und starr blickten ihre schönen Augen nach.
Aber Feri kehrte sich nicht um — bald verdeckten die Bäume den Wagen, auch der Staub verschwand. „Zweitausend Gulden," dachte er, „viel Geld — aber jetzt bin ich auch mit Karoline quitt!"
Elftes Kapitel.
L i e li r s g e f ii h l c.
Taroczi hatte seinen Weg direkt nach Klausen- bnrg genommen; dort angelangt, war sein erster Gang Zum Advokaten Varga, dem er Jlka's Brief übergab und den Auftrag ertheilte, sogleich die Scheidung einzuleiten; auch seinerseits sei dasselbe Motiv vorhanden, nämlich: unüberwindliche Abneigung. Von dort ging er in's Haus Geszel's und fragte, ob Frau von Taroczi zu Hause sei. Man antwortete mit Nein. Er begab sich hieraus in's Gasthaus, schrieb seiner Frau, bestätigte den Empfang ihres Briefes und versicherte sie, daß auch seinerseits das gleiche Motiv obwalte, weßhalb er der Scheidung vollkommen beistimme. Er verständigte sie, daß Doktor Varga mit der Durchführung des Prozesses betraut sei, indem er ihr anrieth, sich mit ihm in's Einvernehmen zu setzen, damit ihre gemein
schaftliche Absicht je schneller desto besser erreicht werde.
Einen zweiten Brief schrieb er an Jda Maros- falvy, der er seinen Besuch für die allernächsten Tage in Aussicht stellte, beifügend, daß alle Hindernisse gegen eine Vereinigung voraussichtlich beseitigt seien.
Den Abend brachte er im Kasino zu, wo er Graf Feri traf und mit ihm und dem alten Baron Geszel eine Tarockpartie spielte, bei der er ansehnlich verlor.
Von dort ging er in ein abgelegenes Gasthaus ordinärerer Art, wo die Zigeunerbande des Pongracz spielte, von der er sich melancholische Weisen bis spät in die Nacht Vorspielen ließ und so viel Wein trank, daß ihn der Schlaf übermannte. Es war fast drei Uhr Morgens, als er heim kam, in's Bett siel und bis spät in den Tag hinein schlief.
Längst hatte Graf Feri seinen Besuch bei Doktor Varga abgestattet und ihm die nöthigen Instruktionen zur Abfassung des Schuldscheines in der Angelegenheit Szenta's gegeben, wobei er besonders betonte, daß er sich mit sechs Prozent begnüge, aber die Jntabulation auf Szenta's Gut verlange; längst war Graf Feri abgcreist, um den KiralyhLgo zu überschreiten und dem Westen zuznsteuern, als Taroczi erst erwachte, sich streckte und dehnte, endlich einen Korhely leves machen ließ, da er sich unwohl fühlte; den ganzen Tag sah ihn Niemand. Am nächsten Tag besuchte er den Präsidenten des Konsistoriums, um seinen Ehescheiduugsprozeß zu fördern; dieser theilte ihm mit, daß seine Frau bereits gestern bei ihm gewesen sei und daß er ihn bäte, am nächsten Vormittage bei ihm mit seiner Frau zusammenzukommen, um den Ausgleichsversuch vorzuuehmen. Taroczi's Versicherungen, daß jeder Versuch vergeblich sei, halsen nichts, er mußte Zusagen.
Abends spielte Taroczi wieder mit Baron Geszel und einem Pensionirten Husareumajor, welcher ohne Aufhören die Vorzüge der Frau von Taroczi rühmte und das beneidenswerte Loos des Herrn von Taroczi pries, dabei aber die Cigarre so arg zerkaute, daß eine ganze Schale des Krautes durch den Aufwärter hinausgeschickt werden mußte.
„Der Major frißt den Tabak," dachte Taroczi im Heimgehen.
Um zehn Uhr des nächstfolgenden Tages trafen sich die Eheleute beim Präsidenten des Konsistoriums. Auch der Pfarrer der Gemeinde war zugezogen worden; dieser richtete eindringliche Vorstellungen an das Ehepaar, mischte die Kinder ein, die nun elternlos werden sollten, worauf Taroczi bemerkte, daß keine Kinder da seien, was den Pastor aus dem Konzept brachte, in Folge dessen er die Anrede wesentlich verkürzte.
Die Gatten stimmten beide der Scheidung zu, wiederholten als Ursache die Abneigung und baten um baldige günstige Entscheidung.
Am andern Tage wurde die Sache in der Stadt ruchbar, man machte Glossen.
Vater Geszel schüttelte den Kopf und fragte seine Tochter um die Ursache, die ausweichend antwortete, und der Major gratulirte Jlka, des Szekler Gobo los zu sein; sie habe ein besseres Geschick verdient, wobei er seinen Schnurrbart wichste und die Haare