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Deutsche Noman-Sibtiothek.
mache, als sie vorausgesetzt; er'mache Einwendungen gegen die Scheidung, sowie dagegen, daß sie einen Mann nehme, der schon verheirathet war und sich ohne Grund trennte. „Dn kannst Dir denken," schloß sie, „daß ich diese Gründe, sowie die vielen anderen, mehr Deine Person als die Verhältnisse selbst treffenden nicht anerkenne, sondern doch durchsetze, was ich will; aber etwas Zeit mußt Dn ihm lassen, es wird nicht allzu lange dauern, dann hast Dn den versprochenen Brief des Vaters. Schreibe einstweilen nicht, denke aber an Deine Braut Jda." In der Nachschrift fügte sie bei, daß sie bei Eintritt besonderer Umstände schreiben würde, und stellte Zuletzt die Frage, ob er glaube, daß sie Rozsika würde reiten können?
Der Winter war gekommen. Mehr.--' Fuß hoch lag der Schnee, aber er trug dm. Schlitten nicht. Die Post verkehrte nur höchst unregelmäßig, mußte große Umwege einschlagen, und das Dorf, wo Herr von Taroczi wohnte, war nahezu von der Welt abgeschlossen.
Taroczi wartete, wartete — es kam kein Brief. Er faß fast stets zu Hause.
Der alte Szabo Gyuri kam wieder, seine Referate zu erstatten, aber die Abende hatte er bisher allein oder bei feinem Nachbar, etwa eine Stunde entfernt, Angebracht.
Ungeduld nberkam ihn, der Weg war durch eingetretenes Thauwetter ganz unpraktikabel geworden, und die langen Abende fingen an ihn zu quälen.
Nach einer weiteren Woche ging er Abends wieder zu Eszter, setzte sich abermals ans den kleinen Sessel ihr gegenüber, rauchte wieder die kurze Pfeife, auf die er die Glut aus dem Ofen nahm, und träumte so vor sich hin, wie er es gethan hatte, bevor er Jlka gefreit.
Eszter war schweigsam wie gewöhnlich, arbeitete an der Wäsche, spann Flachs, fertigte ihre Leute ab, kurz, that, als ob der Gutsherr gar nicht da gewesen wäre. Selten wurden Worte gewechselt; ein paarmal hatte sie in Küche und Keller zu thun, entschuldigte ihr Fortgehen — worauf Taroczi regelmäßig die Frage stellte, ob er sie beirre? Natürlich antwortete Eszter stets mit Nein, im Grunde aber war ihr seine Anwesenheit nicht lieb. Taroczi schien ihr alle Unbefangenheit verloren zu haben, die Abende wurden ihr durch ihn noch länger, sie mußte bleiben, bis er sortging, und die Gerüchte, daß er sich von seiner Frau getrennt habe, sowie die Nachricht, daß er mit Jda Marosfalvy ausgeritten war, als Päl ihm die Todesbotschaft überbrachte, eine Nachricht, welche Pal erst vor wenigen Tagen in der Küche erzählt hatte, nachdem ihm der Palinka (Branntwein) die Zunge gelöst — all' das verstimmte Eszter gegen Taroczi, und es kostete sie Mühe, ihm diese Verstimmung nicht zu zeigen. Mehrere solche Abende waren vergangen, ohne daß zwischen Eszter und Taroczi irgend etwas Erzählenswerthes vorgesallen wäre.
Es hatte sich starker Regen eingestellt; schon seit etlichen Tagen war der Postwagen überhaupt nicht augekommen, selbst über die Gasse zu gehen war ohne Stelzen oder hohe Stiesel unmöglich geworden. Wieder trat Taroczi bei Eszter ein. Er hängte den
Mantel an die Wand, setzte sich auf seinen Platz, Zündete die Pfeife an und sagte ganz mißmuthig:
„Das ist doch ein Hundewetter, der sechste Tag ohne Post und gerade jetzt dieser Regen."
„Erwarten der gnädige Herr etwas?" fragte Eszter. „Dann wäre es besser, nach M. Vasarhely zu schicken, Pal soll hinreiten — weiß Gott, wann der Postwagen hieher kommt."
„Du hast Recht, morgen schicke ich Pal hin, das ist nur nicht eingefallen; freilich erwarte ich Nachricht. Dir kann ich's schon sagen — ich werde mich bald wieder verehelichen."
Eszter sah einen Augenblick von ihrer Näherei ans zu ihm.
„Wieder!" sagte sie, „bald! — Also ist es wahr, daß Sie sich von Ihrer Frau geschieden haben? Und schon eine andere Ehe!"
„Ja wohl," antwortete Taroczi, „es blieb nichts übrig; wir verstanden uns nicht und es konnte so nicht bleiben."
Eszter nähte fort, sie antwortete nicht.
Taroczi wollte aber eine Antwort, es kam ihm vor, als sei er allein, wenn Eszter nicht antwortete, und das Alleinsein war ihm nachgerade gräßlich geworden.
„Findest Du nicht auch? Wir paßten nicht zu einander, sie hatte gar keinen Einfluß ans mich, wir wurden uns täglich fremder, ein solches Leben wäre eine Pein gewesen — übrigens gab sie den ersten Anstoß, und mein Gewissen macht mir keine Vorwürfe. Nun ist's vorbei, und ich bin froh, daß es so kam."
Wieder antwortete Eszter nichts; sie sah nicht einmal auf von ihrer Arbeit.
„Wenn ich Dich zu meiner Vertrauten mache." fuhr Taroczi dann fort, „so könntest Du doch die Güte haben, mir Deine Meinung zu sagen."
„Ja, warum machen Sie mich zur Vertrauten?" fragte Eszter, die Arbeit sinken lassend und ihn mit weitgeöffneten Augen ansehend. „Ich weiß nicht, wozu Sie das thnn, da die Trennung vollzogen ist und Sie bereits wieder Bräutigam geworden sind. Meine Meinung hat jetzt gar nichts dabei zu thun, jedenfalls käme sie zu spät, post kostuin, wie der Vater sagt."
„Also bist Du weRr mit der Trennung, noch mit der Heirath einverstanden — sage mir offen, was Du denkst, ich will es hören."
„Nun, wenn Sie wollen, so sage ich, was ich denke, oder besser, was ich fühle. Welche Einwendung haben Sie gegen Ihre Frau? Gar keine, denn so wie sie nach der Hochzeit war, war sie gewiß auch vor derselben — oder nicht? Sie sagen nicht nein — also habe ich Recht. Daß sie keinen Einfluß auf Sie, gnädiger Herr, gewonnen hat — wie Sie sagen — das verstehe ich gar nicht; wenn Ihre Frau den gleichen Vorwurf gegen Sie erheben würde, so verstände ich diese Klage viel eher, denn die Führung gehört doch dem Manne — aber ein heiliges Band so kurzweg abreißeu, ohne Grund, ohne gerechten Grund, das ist, verzeihen Sie, daß ich's offen sage und ein Wort gebrauche, das in unserer Sprache gar nicht vorkommt, aber die Sache