Heft 
(1885) 45
Seite
1066
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Deutsche Roman-Bibliothek.

Taroczi ließ Jda in Allem ihren Willen, das Haus des Vaters bot jede Bequemlichkeit und blieb den Winter hindurch äußerst stille. Der alte Herr von Marossalvy ging nicht nach Klansenburg wie sonst, sondern wartete den Hochzeitstag ab, um dann später noch etliche Wochen in der Landeshauptstadt zuznbringen.

Im Ganzen war Jda sanster, als Taroczi er­wartet hatte, sie sang sogar zeitweilig ein Lied, wenn sie Taroczi darum bat, sprach aber viel von Wien, aus das sie sich sehr freute. Von Erzsebeth- salva war nie die Rede, auch Klausenburg erwähnte sie höchst selten, überhaupt hatte sie keine eigentlichen Pläne für die Zukunft.

Der alte Herr gewöhnte sich an seinen künftigen Schwiegersohn, fand ihn bescheiden und nüchtern, ja er spielte sogar Abends Tarock mit ihm und dem Biro oder katholischen Pfarrer, welcher auch des Bischofs Glückwünsche zu melden beauftragt war, in Folge dessen ihm Marossalvy sammt dem Braut­paare einen Besuch machte, der wieder die Einladung zur Tafel zur Folge hatte, bei welcher der liebens­würdige alte Herr Bischof einen herzlichen Toast auf die künftigen Eheleute ausbrachte.

Ein wie eifriger Protestant auch Baron Maros- falvy war, für solche Aufmerksamkeiten hatte er feines Gefühl, und sichtbar versetzte ihn dieser Zwischenfall in gute Lanne, denn er sagte Jda unaufgefordert, daß er keine Bedenken mehr gegen ihre Ehe habe und sie aufrichtigen Herzens segne.

Die Hochzeit ging ohne bemerkenswerthe Vor­kommnisse vorüber. Ter Superintendent hielt eine sehr schöne Ansprache, jedoch erhob sie sich nicht über das Niveau dessen, was bei solchen Gelegenheiteil gesagt zu werden pflegt. Jda weinte nicht, sah auch nicht blässer aus als gewöhnlich, wogegen Taroczi allerdings ergriffener gewesen sein soll, als. sonst Bräutigame Zn sein pflegen.

Nach der Trauung folgte ein kurzes Mittags­mahl, und sodann setzten sich die jungen Eheleute in den Wagen. Erst jetzt fand Jda Thränen, und der Abschied vom Vater war zärtlich und schwer.

Der Wagen fuhr zum Dorfe hinaus, Jda neigte sich links und Taroczi drückte ihr einen warmen Kuß auf die Lippen; sie ließ ihre Hand in der seinen, und so fuhren sie fort.

Als sie in Klansenburg in ihr Haus einlenkten, ging Jlka am Arme des Majors Solymossy eben vor dem Hausthore vorüber; fast unwillkürlich grüßte man sich gegenseitig.

Am nächsten Tage reisten die Gatten weiter. Die Banernpost war bis Pest bestellt, die eigenen Pferde gingen nach Erzsebethsalva Zurück. Eine Winterreise, Zumal mit einer Frau, war damals eine böse Sache. Bis Großwardein hatte man noch Straße, aber von dort an ging's schlecht, zumal wieder Negenwetter eingetreten war. Wiederholt be­dauerte Taroczi den Entschluß Jda's, zu dieser Zeit nach Wien Zu gehen; mehrere Male mußte Ochsen­vorspann zu Hülse genommen werden und volle vier Tage brachte man auf der Reise zu. Aber Jda versicherte, daß ihr das Spaß mache, und in der That war sie bester Laune. Noch andere Bedenken

hatte Taroczi. Das Jahr, in welches man ein- getreteu, war das Jahr 1848, und die politischen Wogen gingen schon im Februar hoch in Pest; Taroczi haßte die Politik, haßte selbst die Szechenyi'- sche Bewegung und fürchtete sich, in den Knäuel hinein verwickelt zu werden oder doch zu viel Politik hören Zu müssen; er theilte seine Besorgniß Jda mit, doch diese freute sich auch auf das rege Leben Pests, fügte jedoch bei, daß sie ja keinesfalls lange dort bleiben würden und in Wien nichts derlei zu verspüren sein würde.

Taroczi hoffte das auch, er hatte wirklich die letzte Zeit fast keine Zeitungen gelesen, die franzö­sische Bewegung und die deutsche sie waren ihm entgangen; ja, er hatte die politischen Artikel der wenigen Blätter, welche ihm zufällig unter die Hände kamen, überblättert, nicht als wäre er kein Patriot gewesen er war ein guter Ungar aber cincs- theils hatten ihn seine eigenen Angelegenheiten aus- gefüllt, anderutheils schwante ihm Unheil, das aus der Neformthätigkeit der Theoretiker entspringen mußte, besonders für Siebenbürgen, wo nahezu die gesummte niedere Klasse aus Walachen bestand; endlich war und ist Siebenbürgen ein verlorener Posten, so weit vom Centrum, daß mau nach acht Wochen erst er­fuhr, was in der Welt vorging.

Die Reisenden kamen in Pest an und staunten über die politische Temperatur, welche dort herrschte. Kossuth stand im Zeuithe seines Ruhmes, Reden war seine stärkste Seite.

Jda ließ sich in den Landtag führen und war nicht herauszubringen. Tag für Tag saß sie dort, so lange die Sitzung dauerte. Im Gasthofe, wo sie abgesticgen waren, hatte ein Klub seine Sitzungen; des Abends war sie der Mittelpunkt der politischen Schwärmer ernster und Zweifelhafter Art. In dem Maße, als sie sich an den Tagessragen betheiligte und sich den extremsten Ansichten anschloß, wurde Taroczi zurückhaltender und sozusagen konservativer. Er drängte zur Abreise sie aber gefiel sich in diesem neuen Elemente und verzögerte die Reise von Tag Zu Tag.

Ja, sie erklärte sich bereit, die Wiener Reise ganz auszugeben und die acht Wochen, welche ver­einbart waren, in Pest Zu bleiben. Taroczi aber bestand auf Wienich will weit vom Schüsse sein," sagte er einmal er ahnte nicht, was ihn erwartete.

Es war der erste Mißton in der jungen Ehek Jda erinnerte Taroczi an den geschworenen Eid, Taroczi Jda an den von ihr ausgegangenen Plan,, nach Wien zu gehen, dem treu geblieben werden müsse.

Endlich siegte Taroczi, man reiste mit der Eisen­bahn nach Wien, ein Dutzend Freunde gaben das Geleite zum Bahnhose; am nächsten Morgen fuhren sie in's Hotel, wo Zimmer bestellt waren. Es war Anfangs März.

Die ersten Tage vergingen ganz angenehm, die .jungen Eheleute besahen sich die schöne alte Kaiser­stadt und ihre Umgebung, wozu das Wetter be­sonders einladend war. Es gab genug zu sehen; die Abende brachten sie im Theater zu oder bei